2014 wurden über 10.000 Menschen abgeschoben
So viel wie seit 2006 nicht mehr / Dublin-Sytem: Fast ein Drittel sind Minderjährige / Linkenpolitikerin Jelpke: Flüchtlinge »werden wie Verbrecher behandelt«
Berlin. Deutsche Behörden haben so viele Menschen abgeschoben wie seit 2006 nicht mehr. Wie die »Neuen Osnabrücker Zeitung« unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag berichtet, sind im vergangenen Jahr 10.884 Menschen abgeschoben worden. Nach Jahren des Rückgangs ist die Zahl der Abschiebungen 2014 zum zweiten Mal infolge gestiegen. Höher war sie zuletzt 2006 (13.894 Abschiebungen). 2013 hatte sie erstmals wieder die 10.000er-Marke überschritt (10.198), berichtet das Blatt.
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, kritisierte, dass mehr als ein Drittel aller Abschiebungen in andere EU-Staaten ging, was »ein Schlaglicht auf das Dublin-System« werfe. »Um dieses System durchzusetzen, werden jährlich Tausende Menschen inhaftiert und abgeschoben - statt ihre Asylanträge zu prüfen, werden sie wie Verbrecher behandelt.« Die Dublin-Verordnung besagt, dass Schutzsuchende dort Asyl beantragen müssen, wo sie erstmals in die EU eingereist sind. Besondere Sorge bereite ihr, dass 28 Prozent der Dublin-Abschiebungen Minderjährige beträfen. »Das ist erschreckend, denn Abschiebungen widersprechen im Regelfall dem Kindeswohl«, sagte Jelpke. So würden sie immer wieder aus ihrem neuen Umfeld gerissen, was ihre persönliche Lage verschlechtere.
Die Linkenpolitikerin warnte zudem davor, dass die von der Bundesregierung geplante Verschärfung des Ausweisungs- und Abschiebungsrechts die Zahl der Abschiebungen weiter steigen lassen würde. »Es ist ein Irrglaube, dass keine Asylsuchenden aus vermeintlich sicheren Ländern mehr kommen, wenn sie nur rücksichtslos genug abgeschoben werden«, sagte sie. Seit November 2014 gelten die Balkanstaaten Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer. nd/Agenturen
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.