Dobrindt rechnet sich Maut schön

Opposition geht davon aus, dass Pläne des Verkehrsministers kaum Einnahmen bringen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Pkw-Maut für Ausländer soll im kommenden Jahr in Kraft treten. Dann drohen finanzielle und europarechtliche Probleme.

Alexander Dobrindt ist noch nicht am Ziel. Nach monatelanger Kritik an den Plänen des CSU-Verkehrsministers zur Pkw-Maut für Ausländer hatte sich der Bundestag am Donnerstag zwar erstmals mit dem Thema befasst, aber die Beratungen könnten sich länger hinziehen, als Dobrindt erwartet hatte. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sieht nämlich den Datenschutz, die Rückerstattung für deutsche Autofahrer und die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht als kritische Punkte. Die Regierung hatte eine Verabschiedung im Frühjahr angepeilt. Bartol geht nun davon aus, dass man in Richtung Sommerpause gehen werde. Der SPD-Politiker bezweifelt aber nicht, dass die Maut wie geplant 2016 in Kraft tritt. Sie soll für Autobahnen und Bundesstraßen gelten und inländische Autobesitzer nicht zusätzlich belasten. Das will Dobrindt durch Entlastungen bei der Kfz-Steuer erreichen.

Erneute Kritik an der Maut kam aus dem rot-grün regierten Rheinland-Pfalz. Landesverkehrsminister Roger Lewentz (SPD) forderte, die Mautpflicht in einem 30-Kilometer-Korridor von der Grenze auf Autobahnen aufzuheben. Nur so ließen sich Nachteile für dortige Betriebe abwenden und Probleme durch das mögliche Ausweichen auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen verhindern.

LINKE und Grüne im Bundestag lehnen die Pläne der Großen Koalition komplett ab. Sie reagierten mit Gelächter und Zwischenrufen auf Dobrindts Rede. Erst nach einem Eingreifen von Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) wurde es etwas ruhiger. Dobrindt war trotzdem verärgert. Die Grünen seien »technologie- und mobilitätsfeindlich«, behauptete er. Als vermeintlichen Beleg führte Dobrindt unter anderem ein vier Jahre altes Zitat von Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann an, der damals weniger Autos gefordert hatte, aber inzwischen längst auf Kuschelkurs mit der Autoindustrie gegangen ist.

Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Oliver Krischer, sagte, der Bundestag befasse sich nur deswegen mit dem Maut-Gesetzentwurf, weil »eine rechtspopulistische Regionalpartei im Bermudadreieck zwischen NPD, AfD und Pegida auf politischer Beutefahrt ist«. Krischer warf der CSU vor, ihr gehe es um die Stammtischhoheit.

Der LINKE-Verkehrspolitiker Herbert Behrens meinte ebenfalls, dass die CSU mit Ressentiments spiele, wenn sie behaupte, dass ausländische Fahrer deutsche Autobahnen kaputtmachten. Behrens ging davon aus, dass Dobrindts Mautkonzept kein lohnendes Modell für den Staat ist. Er verwies auf ein Gutachten des Münchner Verkehrswissenschaftlers Ralf Ratzenberger, wonach den jährlichen Ausgaben für die Mauterhebung in Höhe von 300 Millionen Euro nur Einnahmen von 262 Millionen gegenüberstehen würden.

Auch der Verkehrswissenschaftler Alexander Eisenkopf kritisierte nun Prognosen des Ministeriums. Er stellte Schätzungen etwa zur Fahrtenhäufigkeit von Geschäftsreisenden und im Grenzverkehr in Frage. Insgesamt erschienen die Ergebnisse »wenig plausibel« und Annahmen »ergebnisorientiert gesetzt«, heißt es in einer Stellungnahme, die der Autofahrerclub ACE veröffentlichte. Dobrindt erwartet zusätzliche Einnahmen von 500 Millionen Euro pro Jahr. Zweifel an den Berechnungen wies er im Bundestag zurück.

Bald könnten weitere Probleme auf Dobrindt zukommen. Wenn seine Pläne ausländische Autofahrer diskriminieren sollten, würden sie gegen EU-Recht verstoßen. Nachbarländer wie Österreich ziehen deshalb eine Klage gegen die Maut in Betracht, wenn das Gesetz beschlossen ist.

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