Der politische Irrsinn steckt im Programm

Die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank kommen nur den Krisenstaaten Griechenland und Zypern nicht zugute

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit Hilfe von kurzfristigen Anleihen, sogenannter T-Bills, will sich Athen über Wasser halten. Doch der Plan könnte am Starrsinn der EZB scheitern.

Letztlich war es nur noch ein einziger Satz, auf den alle gewartet hatten: »Die EZB und das Europäische System der nationalen Zentralbanken haben mit Aufkäufen im Rahmen des Public Sector Purchase Programme begonnen«, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) am Montagvormittag über den Internet-Nachrichtendienst Twitter mit. Nun machen Europas oberste Währungshüter also ernst mit ihrem 1,1 Billionen Euro schweren Kaufprogramm für europäische Schuldentitel. Griechische und zypriotische Anleihen sind jedoch nicht dabei.

Offiziell will EZB-Chef Mario Draghi mit dieser Geldpolitik der quantitativen Lockerung lediglich die Inflationsrate auf ein Niveau von knapp unter zwei Prozent anheben. In den letzten Monaten waren die Preise auch aufgrund des billigen Öls gesunken. Doch ließ Draghi vergangenen Donnerstag durchblicken, dass seine Geldflut auch andere »zahlreiche positive Effekte« hat: Von verbesserten Kreditbedingungen für Unternehmen und private Haushalte ist etwa die Rede. Schließlich geht es den Notenbankern nicht zuletzt darum, die Wirtschaft in der Währungsunion wieder anzukurbeln.

Dabei wollen Draghi und Co. aber, dass alles nur nach ihren Regeln läuft. Welche Folgen dies haben kann, spürt derzeit kein Land so drastisch wie Griechenland. Eigentlich könnte das Krisenland wie kein anderes Mitglied der Währungsunion vom Kaufprogramm profitieren. Die Banken des Landes würden durch die von der EZB gekauften Papiere Raum in ihren Bilanzen bekommen. So könnten sie dem klammen Staat Anleihen abnehmen und der Realwirtschaft dringend gebrauchte Kredite geben.

Doch die EZB will nicht nur keine griechischen Staatsanleihen kaufen. Seitdem die neue SYRIZA-Regierung sich gegen die harten Sparauflagen wehrt, dürfen Banken keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit für frisches Geld bei der EZB hinterlegen. Nur über sogenannte ELA-Notkredite können sich hellenische Banken noch bei der griechischen Notenbank finanzieren.

Damit Griechenland nicht pleite geht und im März seinen Verpflichtungen von gut 6,85 Milliarden Euro nachkommen kann, will Athen nun kurzfristige Anleihen, sogenannte T-Bills ausgeben, die von griechischen Banken aufgekauft werden sollen.

Dieser Plan funktioniert nur, wenn die EZB den Umfang, in dem solche T-Bills für ELA-Kredite akzeptiert werden, erhöht. Draghi bleibt allerdings hart. Um lediglich 500 Millionen Euro setzte die EZB vergangenen Donnerstag das Limit für diese ELA-Kredite herauf. Mehr ist dem EZB-Chef zufolge nicht drin, weil dies dann eine illegale Staatsfinanzierung sei.

Für Fabio De Masi ist das allerdings nur ein Scheinargument. »Es ist nicht stichhaltig, dass in der Krise jeder Schrott von Banken als Sicherheit akzeptiert wurde, aber die erste Regierung in Athen, die für nachhaltige Staatsfinanzen sorgen will, unter Überschreitung des EZB-Mandats erpresst wird«, sagt der EU-Abgeordnete der LINKEN. Mit der ständigen Drohung, die ELA-Kredite zu kappen, übt die EZB De Masi zufolge »massiven Druck auf die gewählte griechische Regierung aus, die gescheiterte Austeritätspolitik weiterzuführen«.

Dass gerade Länder wie Griechenland und Zypern von dem Anleihenkaufprogramm ausgenommen sind, zeigt für den Politiker den politischen Irrsinn dieses Programms. Deswegen werden die Aufkäufe, so ist sich De Masi sicher, »nur noch mehr ungenutzte Liquidität in den Bankensektor pumpen und neue Vermögenspreisblasen riskieren«.

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