50 Mann für »Barbarossa«

Ein 104 Jahre alter Schlepper sank im Historischen Hafen / Einsatzkräfte bargen das Schiff

  • Christian Baron
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Märkischen Ufer in Mitte ist am Montagmorgen der 104 Jahre alte Schlepper »Barbarossa« leck geschlagen. Zu den Ursachen konnten Feuerwehr und Hafenmeisterei bislang keine Angaben machen.

Barbarossa ertrank zweimal: 1190 in dem südosttürkischen Fluss Saleph und am vergangenen Montag in der Spree. Nur gut, dass es sich lediglich im älteren der beiden Fälle um einen Menschen handelte. Kaiser Friedrich Barbarossa stellte sich damals dusselig an und sank während eines Erfrischungsbads tödlich in die Tiefe. Doch auch wenn es sich im aktuellen Untergang um einen auf den Namen »Barbarossa« getauften musealen Dampfschlepper handelt, der im Fluss in Berlin abgesoffen ist, lässt sich diese Havarie nicht als Lappalie abtun.

Denn das 15 Meter lange Schiff wurde bereits vor 104 Jahren gebaut und war bis zuletzt fahrtüchtig - wenn auch seit 1960 nicht mehr aktiv im Einsatz, so doch von historischem Wert. Erst in der vergangenen Woche hatte Hafenmeister Max Hiller den Schlepper von seinem Winterquartier in den wenige hundert Meter entfernten Historischen Hafen geschippert. Noch am Sonntagabend sei alles in Ordnung gewesen, versicherte er. Als am frühen Montagmorgen von einem ominösen Knall aufgeschreckte Anlieger das schief im Wasser hängende und nurmehr das Führerhaus freigebende Schiff erblickten, eilten 50 Einsatzkräfte mit schwerem Gerät zum Märkischen Ufer in Mitte.

Ihre Bergungsarbeiten sollten sich über mehrere Stunden hinziehen. Zunächst wurde der große Kran an einer Seite der »Barbarossa« befestigt. Anschließend richtete die Feuerwehr rund um den sinkenden Dampfer eine Ölsperre ein, damit austretender Kraftstoff sich nicht verteilen konnte. Nun rückten die Männer mit massiven Lenzpumpen an und befreiten das leckgeschlagene Schiff von den Wassermassen, sodass sie die undichte Stelle an die Oberfläche heben und die »Barbarossa« vor dem endgültigen Sinken auf den 2,50 Meter tiefen Hafengrund bewahren konnten.

Auch wenn man es den entspannten und teilweise gar zum Scherzen aufgelegten Einsatzkräften nicht anmerkte, gestaltete sich die Bergung doch kompliziert, wie Feuerwehr-Sprecher Christian Grätz sagte: »Wir haben in Berlin jährlich etwa 15 solcher Fälle. Selten aber haben wir es mit einem so alten Schlepper zu tun, dessen Havarie-Grund wir nicht sofort identifizieren können.« Max Hiller, in dessen Zuständigkeit 30 Schiffe im Historischen Hafen liegen, vermutete ein undichtes Ventil. Er rechnet mit einem Schaden zwischen 10 000 und 15 000 Euro. Genaueres zu den Ursachen konnten weder er noch die Feuerwehr sagen. Zur Freude der zahlreichen Schaulustigen hing das Schiff nach Stunden zumindest wieder waagerecht am Kran, in seinem rostigen Rot erstrahlend wie der Bart des echten Kaisers. Dieser, so geht die Sage, ist in Wahrheit gar nicht im Fluss ersoffen, sondern wartet noch heute im Kyffhäusergebirge auf bessere Zeiten. Die könnten für seinen Berliner Namensvetter schon jetzt kommen. Sollten die Schäden reparabel sein, dürfte die neu gewonnene Prominenz dem Schlepper und seinem Eigentümer künftig noch mehr neugierige Besucher bringen.

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