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Wir reden mit Obama, nicht mit Marionetten

Raúl Castros Berater Abel Prieto über den Amerika-Gipfel und den Annäherungsprozess an die USA

  • Lesedauer: 4 Min.

Auf der einen Seite verhandelt die kubanische Regierung mit dem früheren Erzfeind USA, warum kann sie nicht auch mit Teilen der Opposition sprechen?

Das sind zwei grundverschiedene Dinge. Der Dialog mit den USA, der von der kubanischen Bevölkerung begrüßt wird, stützt sich auf gegenseitigen Respekt, die Nicht-Einmischung in innere Angelegenheiten und die Respektierung internationalen Rechts. Falls es eine US-Botschaft geben sollte, dürfen sich die Diplomaten nicht in die inneren Angelegenheiten unseres Landes einmischen. Das ist nicht nur zwischen den USA und Kuba so, sondern auf der ganzen Welt. Diplomaten dürfen keine Opposition organisieren, auch wenn es leider eine lange Tradition US-amerikanischer Botschafter in unserem Amerika und anderen Orten auf der Welt gibt, die daran arbeiten, oppositionelle Gruppen aufzubauen, vor allem gegen fortschrittliche Regierungen.

Ein Gespräch mit den Dissidenten bleibt undenkbar?

Es ist nicht möglich, dass man Kuba um einen Dialog mit Marionetten der USA bittet. Wir können diese absolut erfundene Opposition, die nicht das geringste Gewicht und keine echte Verbindung zu unserer Gesellschaft hat, nicht legitimieren. Wir sind hierher gekommen, bereit einen Dialog zu führen, allerdings mit den sozialen Bewegungen, um den Präsidenten Empfehlungen zu unterbreiten. Dass sie aber diese Leute zum Amerika-Gipfel bringen und sie auch noch mit größerer Priorität als uns einschreiben, ist eine enorme Beleidigung.

Deshalb hat sich die kubanische Delegation aus dem Forum der Zivilgesellschaft am Rande des Amerika-Gipfels zurückgezogen?

Ja. Kuba hat die Eröffnungsveranstaltung aus Respekt vor den Behörden Panamas und aus Respekt vor Präsident Juan Carlos Varela, der das Forum offiziell eröffnet hat, verlassen. Jedenfalls werden wir in unserer Anklage nicht nachlassen, wir werden unsere grundsätzliche Position in Bezug auf diese Individuen (kubanische Systemoppositionelle, d. Red.) nicht aufgeben. Es gab zudem sehr seltsame Probleme bei der Akkreditierung: 28 Kollegen aus Kuba, die ihre Unterlagen präsentiert und sich fristgerecht eingeschrieben haben, erhielten keine Akkreditierung. Dann hieß es, es würde am Eingang eine Namensliste geben und mit dem Pass in der Hand dürften die Leute passieren. Dem war aber nicht so und es hat etwas Tumult gegeben. Es gab keinerlei Transparenz, nach welchen Kriterien die Akkreditierungen vergeben wurden, ob es bürokratische Probleme gab oder es böse Absicht war.

Heißt das, dass Kuba sich komplett aus dem Forum zurückzieht?

Nein, ich gehe davon aus, dass wir an den Arbeitsgruppen teilnehmen. Wir werden sehen, was passiert. Man muss eines verstehen und das ist sehr wichtig: Es ist verrückt zu denken, dass die wirklichen Repräsentanten eines Volkes, das mehr als 50 Jahre unter Blockade leidet, sich hinsetzen und mit Leuten sprechen, die sich in Panama mit Luis Posada Carriles oder Félix Rodríguez Mendigutía fotografieren lassen. (Posada war an mehreren terroristischen Anschlägen gegen Kuba beteiligt, unter anderem am Barbados-Attentat 1976 auf ein Flugzeug der Air Cubana mit 73 Toten, Rodríguez ist ein früherer CIA-Offizier und war an der Ermordung Che Guevaras beteiligt, d. Red.).

Wie wurde die Einladung Kubas zum Amerika-Gipfel auf der Insel aufgenommen?

Die Kubaner sind stolz, dass Kuba zum Gipfel eingeladen wurde. Aber das war keine Entscheidung von Barack Obama oder der US-Regierung; sie ist auf Druck der Staaten Lateinamerikas und der Karibik getroffen worden. Als die Präsidenten Lateinamerikas auf dem Gipfel in Cartagena de Indias 2012 erklärt haben, es werde keine weiteren Gipfel ohne Kuba geben, sahen die USA sich gezwungen, nachzugeben.

Wird es auf dem Gipfel wichtige Ankündigungen hinsichtlich der Beziehungen USA-Kuba geben?

Ich glaube nicht, dass der Gipfel besonderen Einfluss hat, dem Dialog mit den USA einen Schub zu verleihen. Das ist meine persönliche Mutmaßung. Es ist ein langwieriger Prozess, der schon viele Verhandlungsrunden andauert und der Schlüssel zum Erfolg wird darin liegen, dass die USA alle neokolonialen Versuche aufgeben, uns als Untergebene anzusehen, als jemanden, dem man seine Agenda aufzwingen kann, in dessen interne Angelegenheiten man sich einmischen kann, ohne dass es Widerspruch gibt.

Sehen Sie die Möglichkeit eines bilateralen Treffens zwischen Raúl Castro und Barack Obama?

Roberta Jacobsen, die Vizeaußenministerin und Lateinamerika-Beauftragte der USA, hat gesagt - und sie hat einen sehr seltsamen Ausdruck verwendet - es werde »Interaktion« zwischen Obama und Raúl geben. Ich weiß nicht, was sie damit gemeint hat, aber es ist offiziell kein Treffen geplant. Abgesehen von der symbolischen Bedeutung, die ein solches hätte, war zum Beispiel das Telefongespräch der beiden vor der simultanen Ankündigung vom 17. Dezember bedeutender. Es war sehr wichtig, dass Obama anerkannt hat, dass die Politik der Erstickung und Hetze gescheitert ist, dass sie das kubanische Volk mit der Blockade, mit Feindseligkeit nicht bezwingen konnten.

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