Videoattrappen müssen weg

Mietrecht: Persönlichkeitsrechte

  • Lesedauer: 2 Min.
Mieter brauchen Videokameras - gleich welcher Form - nicht hinzunehmen, auch wenn sie nur die öffentlich zugänglichen Bereiche eines Hauses überwachen, wie Briefkastenanlage, Treppenhaus und Eingang oder den Bereich der Mülltonnen.

Dabei ist noch nicht einmal entscheidend, ob es sich um echte Kameras handelt oder um Attrappen, die überhaupt keine Aufnahmen machen können.

Zu diesem Ergebnis kommt das Amtsgericht Frankfurt am Main im Urteil vom 29. Januar 2015 (Az. 33 C 3407/14), wie die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) mitteilt.

Nachdem der Mieter die Überwachungsanlage im Hauseingangsbereich bemerkte, forderte er zunächst den Vermieter vergeblich zur Beseitigung auf und erhob dann Klage. Der Vermieter rechtfertigte sich damit, dass die Kameras nur Attrappen seien, keine Aufnahmegeräte. Auch sei es gar nicht beabsichtigt, irgendwann tatsächlich Aufnahmen zu machen. Vielmehr diene die Anlage zur allgemeinen Abschreckung. Dennoch fühlte sich der Mieter durch die Kameras gestört. Zu Recht, so das Gericht.

Es kann dabei offenbleiben, ob die Kameras Aufnahmen machen oder nicht. Auch die Installation der Kameraattrappe stellt schon einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Allein die mit einer Attrappe verbundene Androhung einer ständigen Überwachung des Mieters und auch seiner Besucher führt dazu, dass sich der Mieter anders verhält. Er sei in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt. Das müsse der Mieter aber nicht ohne besonderen Grund hinnehmen.

Laut DAV zeigt das Amtsgericht in dieser Entscheidung, dass das Persönlichkeitsrecht und auch die Handlungsfreiheit stark geschützte Güter sind, die nur in ganz besonderen Ausnahmefällen eingeschränkt werden dürfen. Dies gilt auch, wenn der Ruf nach Sicherheit und Kontrolle immer lauter wird. DAV/nd

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