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Überwachung von Nackten verboten

Bundesgericht bekräftigt Grundrechte von Häftlingen

  • Lesedauer: 2 Min.

Karlsruhe. Häftlinge müssen im Gefängnis menschenwürdig behandelt werden. Mit dieser Klarstellung folgte das Bundesverfassungsgericht der Beschwerde eines ehemaligen Gefangenen in Kassel, der im September 2010 länger als einen Tag nackt in einer Zelle festgehalten und dabei mit einer Videokamera überwacht wurde. Die Entscheidung wurde am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlicht. Dem Landgericht Kassel, das die Maßnahmen als rechtmäßig bestätigt hatte, warf das Verfassungsgericht »eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts« vor. Das Landgericht muss nun neu über den Fall verhandeln.

Der Mann war in einer Abteilung für psychisch auffällige Gefangene untergebracht. Als eine ihm zugesagte Sprechstunde beim Zahnarzt nicht zustande kam, protestierte er mit Schlägen und Tritten gegen die Zellentür. Daraufhin wurde er mit Handfesseln in einen besonders gesicherten Haftraum gebracht und vollständig entkleidet. Erst nach mehr als einem Tag erhielt er eine Hose und eine Decke, wie es in dem Beschluss des Zweiten Senats heißt.

Die Entkleidung sei gerechtfertigt gewesen, als Schutz angesichts einer drohenden Selbstverletzung, hatten die Kasseler Richter im Juni 2012 erklärt. Auch in der nächsten Instanz scheiterte der Kläger - das Oberlandesgericht wies die Beschwerde gegen den Richterspruch im Februar 2013 als unzulässig zurück.

Die Verfassungsrichter rüffelten die hessische Justiz jetzt. Das Landgericht habe die Intimsphäre des Beschwerdeführers verkannt, heißt es in dem Beschluss unter Hinweis auf die ersten beiden Artikel des Grundgesetzes mit den Bestimmungen zur Menschenwürde und zur freien Entfaltung der Persönlichkeit. dpa/nd

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