Utopisch

MEINE SICHT

Die Vorstellung war von Anfang an utopisch. Eine bessere Gesellschaft kann auch in Königs Wusterhausen nicht entwickelt werden, wenn der Sender Sat.1 dahinter steckt. Die Idee der Sendung »Newtopia« klang zwar interessant. Doch sie entpuppte sich schnell als x-te Version des abgegriffenen Big-Brother-Konzepts. Kandidaten, die nicht zusammen passen, werden zusammengesperrt. Es gibt Zoff. Die Zuschauer befriedigen ihre voyeuristischen Triebe. Jeden Monat dürfen sie einen der jungen und alten Pioniere herauswählen.

Aber das ist die Ausnahme. Aus ganz anderen Gründen verlassen die Kandidaten reihenweise das mit Kameras vollgestopfte Areal. Am Sonntag erwischte es den Berliner Candy - einen 44-jährigen Politikwissenschaftler. Dem in Kreuzberger Szenekluft gekleideten Rastalockenträger war die Rolle des faulen Revoluzzers zugedacht, der die freie Liebe predigt und sich an alle Frauen heranmacht. »Candys perfekte Gesellschaft besteht aus Gleichberechtigung, Frieden, Harmonie, Liebe und Sex«, hieß es. Zu blöd, dass er nun alkoholisiert mit einer Frau in Streit geraten und handgreiflich geworden ist, so dass er von Sicherheitskräften abgeführt werden musste. Dumm ist das auch, weil »Newtopia« angeblich sein erster fester Wohnsitz seit Jahren war. In Berlin soll er hier und da auf Sofas gepennt haben.

Die Angaben sind allesamt mit Vorsicht zu genießen. Denn es gibt Vorwürfe und Hinweise, dass die Produktionsfirma das Geschehen viel mehr steuert als sie zugibt. Eine echte neue Welt entsteht nicht im Privatfernsehen. Dann schon eher auf dem Mars. Aber halt: Die Mission zu diesem Planeten soll ja ebenfalls live im Internet übertragen werden.

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