Firmenkreditkarte privat genutzt - Abmahnung unnötig
Kündigungsfälle vor Landesarbeitsgerichten
So urteilte das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Az. 7 Sa 394/14 ), wie die Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) berichtete.
Der Fall: Ein angestellter Vertriebsingenieur hatte von seinem Unternehmen eine Firmenkreditkarte für Arbeitseinsätze im Ausland bekommen. Der Mann sollte mit der Kreditkarte für seine Arbeit anfallende Kosten wie Hotelaufenthalte oder Fahrtkosten direkt bezahlen können, ohne das Geld privat vorstrecken zu müssen.
Dem Betrieb fielen jedoch wenig später Ungereimtheiten bei den Abrechnungen der Kosten auf. So hatte der Mitarbeiter offensichtlich private Ausgaben verschleiern wollen und offene Beträge einfach nicht zurückbezahlt. Er erhielt daraufhin die Kündigung.
Dagegen zog der Ingenieur vor Gericht. Doch das Landesarbeitsgericht Nürnberg gab dem Unternehmen Recht: Der Arbeitnehmer habe in schwerwiegender Weise gegen seine Verpflichtung verstoßen, Rücksicht auf das Vermögen seines Arbeitgebers zu nehmen, so das Gericht.
Zwar gab der Mann an, der Betrieb habe ihm nicht ausdrücklich verboten, die Kreditkarte privat zu nutzen. Das spiele hier aber keine Rolle. »Eine Firmenkreditkarte darf auch ohne ein ausgesprochenes Verbot grundsätzlich nicht für private Zwecke verwendet werden«, erläutert Rechtsanwalt Frank Böckhaus von der Deutschen Anwaltshotline.
Eine vorherige Abmahnung sei letztendlich deshalb unnötig, weil der Mann dem Unternehmen nicht von sich aus angezeigt hatte, dass er die Kreditkarte privat nutzte und die unfreiwillig ausgelegten Kosten offensichtlich nicht erstatten wollte, so das Gericht. D-AH/nd
Klau am Getränke- automaten rechtfertigt fristlose Kündigung
Verschafft sich ein Arbeitnehmer einen finanziellen Vorteil auf Grund eines technischen Fehlers in seinem Betrieb, ist eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung angebracht.
Dieses Urteil fällte nach einer Information der Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) das Landesarbeitsgericht Sachsen (Az. 1 Sa 407/14).
Der Fall: Ein angestellter Karosseriebauer hatte sich durch einen defekten Getränkeautomaten an seinem Arbeitsplatz einen finanziellen Vorteil erschlichen. Bei der Wahl eines bestimmten Getränks entlud sich das Guthaben auf der persönlichen Checkkarte nicht um den Preis der Ware, sondern erhöhte sich um diesen. Der Mann tat dies bewusst und wiederholt.
Die Geschäftsleitung unterstellte ihm daraufhin Absicht und veranlasste ein Gespräch. In diesem entschuldigte sich der Angestellte für sein Fehlverhalten und sagte, er hätte dem Betrieb auf keinen Fall schaden wollen.
Doch das konnte die Verantwortlichen schließlich nicht besänftigen. So erhielt der Mann die fristlose Kündigung - ohne eine vorherige Abmahnung.
Zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht Sachsen urteilte. Der Mitarbeiter habe sich durch einen Fehler des Getränkeautomaten finanziell bereichert und damit einen Vertrauensbruch begangen. Dies rechtfertige eine fristlose Kündigung, so das Gericht. Auch eine Abmahnung sei hier nicht nötig gewesen.
»Eine Abmahnung dient dazu, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu überdenken und in Zukunft zu bessern«, erklärt dazu Rechtsanwalt Frank Böckhaus von der telefonischen Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline.
In diesem Fall sei von einer Besserung aber nicht auszugehen, meint das Landesarbeitsgericht Sachsen. Denn es bestünde die berechtigte Sorge, dass der Mann in einer vergleichbaren Situation erneut so handeln würde. D-AH/nd
Abbuchungen vom Konto der Mutter - Kündigung unwirksam
Seit 2008 arbeitete die Frau für ein Geldinstitut als Abteilungsleiterin. Ihre Mutter hatte dort ein Sparbuch, für das die Bankmitarbeiterin eine Generalvollmacht besaß. Von 2010 bis 2012 hob sie 33 Mal online Geld vom Sparbuch ab - Beträge zwischen 500 und 12 000 Euro. Meistens auf ihr eigenes Konto, einige Male auf ein Konto der Mutter und einmal auf das Sparbuch ihrer Tochter. Die Bankmitarbeiterin wurde daraufhin fristlos gekündigt - aber die Kündigung war nicht rechtens. Eine Abmahnung hätte genügt.
Bei jedem dieser Zahlungsvorgänge hatte die Abteilungsleiterin einen weiteren Mitarbeiter hinzugezogen, der die Abbuchung freigab. Trotzdem entsprach ihr Vorgehen nicht den strengen internen Vorschriften der Arbeitgeberin: Mitarbeiter durften weder entscheidend noch beratend mitwirken, wenn es um Verfügungen zu ihren Gunsten oder zu Gunsten von Angehörigen ging.
Nach dem Tod der Mutter erkundigte sich ein weiterer Erbe bei der Bank nach dem Guthaben auf dem Sparbuch. So erfuhr die Arbeitgeberin von den Abbuchungen und reagierte radikal: Sie kündigte der Mitarbeiterin fristlos.
Die Begründung: Die Angestellte habe aufgrund ihrer Generalvollmacht zwar über das Geld der Mutter verfügen dürfen. Gemäß den Dienstanweisungen hätte sie die Abbuchungen aber nicht selbst durchführen dürfen. Das sei eine »eklatante Pflichtverletzung«.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sah im Urteil vom 4. November 2014 (Az. 17 Sa 637/14) das Vergehen weniger dramatisch und erklärte die Kündigung für unwirksam. Die Mitarbeiterin habe einerseits gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Aufgrund der Anweisungen des Geldinstituts habe sie Buchungen zu ihren Gunsten nicht selbst vornehmen dürfen. Auf diese Weise wolle die Bank jeden Anschein einer Interessenkollision vermeiden. Dieses Motiv sei nachvollziehbar.
Andererseits sei das Arbeitsverhältnis bisher störungsfrei verlaufen. Also hätte auch eine Abmahnung der Mitarbeiterin genügt. Der von der Arbeitgeberin beklagte »Imageschaden« sei nicht so schwerwiegend, dass dies eine Kündigung rechtfertigen würde - zumal die Abbuchungen zweifellos durch die Generalvollmacht der Mutter gedeckt waren.
In so einem Fall dürften Arbeitgeber nur dann auf eine Abmahnung verzichten und sofort eine Kündigung aussprechen, wenn zu erwarten sei, dass eine Abmahnung keinen Erfolg haben, die Abmahnung beim Arbeitnehmer nicht zu einer Änderung des kritisierten Verhaltens führen würde. Dafür gebe es jedoch in diesem Rechtsstreit keine Anhaltspunkte, so das Gericht. OnlineUrteile.de/nd
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