Die SPD spielt Schulterschluss

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
»Weitgehende Deckungsgleichheit zwischen dem Konzept der Linksfraktion und dem der SPD« - so kommentiert Werner Dreibus, Gewerkschaftspolitiker der Linken im Bundestag, die jüngsten Nachrichten aus der Sozialdemokratie. Eine Arbeitsgruppe unter Andrea Nahles soll ein zweistufiges Mindestlohnkonzept ausgearbeitet haben, das am Montag beim Treffen des SPD-Gewerkschaftsrates offiziell verkündet werden könnte. Tatsächlich klingen viele Details aus dem im Vorfeld bekannt gewordenen Papier für die Linke überaus vertraut: Zunächst sollen sich demnach die Tarifparteien jeder Branche auf ein Mindestentgelt verständigen, das dann vom Gesetzgeber für allgemein verbindlich erklärt werden kann. Für Bereiche, in denen dies nicht gelingt, weil eine Einigung unmöglich scheint oder die notwendigen Strukturen fehlen, soll eine einheitliche gesetzliche Unterschranke gefunden werden, über die ein unabhängiges Gremium aus Experten und Tarifparteien entscheiden soll. Über die konkrete Höhe kursieren dagegen verschiedene Versionen. Das Nahles-Papier orientiert sich an Frankreich und dem Vereinigten Königreich, wo die Mindestlöhne bei 7,30 und 8 Euro liegen. In Deutschland fordert der DGB 7,50 Euro und die Linke, deren Konzept vom gewerkschaftlichen sonst kaum zu unterscheiden ist, 8 Euro. Auch wenn Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) die Erwartungen dämpft und von maximal 6 Euro Mindestentgelt spricht: Am Montag könnten die Sozialdemokraten den jetzigen Zustand beenden, dass die Gewerkschaften eine grundlegende programmatische Forderung haben, die in der SPD keine Entsprechung findet. Zumindest auf dem Papier. Dass dieses »Nahles-Papier« aber im Herbst umgesetzt wird, wenn die Koalition an die Neuregelung des Niedriglohnsektors gehen will, glauben vermutlich auch seine Urheber nicht. Beim Koalitionspartner stehen die Zeichen auf Kombilohn, der Niedriglohnsektor wird als Teil der Lösung, nicht des Problems angesehen. Gut vorstellbar also, dass das SPD-Mindestlohnpapier als Verhandlungsmasse dienen wird - etwa gegen Zugeständnisse bei der Gesundheitsreform. Für die Linke ist der Vorgang trotzdem ärgerlich. Es ist ihr bisher kaum gelungen, den Mindestlohn als Markenzeichen ihrer Politik zu etablieren; jetzt wird das noch schwerer. Das könnte daran liegen, dass die Fraktion in vorauseilender Abwehr von - trotzdem erhobenen - Populismusvorwürfen auf »Schaufensterpolitik« in dieser Sache verzichtet hat, bis ein nach allen Seiten abgeklopftes und abgesichertes Konzept vorlag. Vielleicht war diese Wartezeit einfach zu lang.
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