Bye Bye King

Zum Tode der letzten Blues-Legende

  • Thomas Grossman
  • Lesedauer: 3 Min.

Der große Blues-Musiker B. B. King muss diese Geschichte Hunderte Male erzählt haben: Er spielte 1950 in Twist (Arkansas), als zwei Männer eine Schlägerei begannen und den Kerosin-Ofen umwarfen. King flüchtete wie alle anderen vor dem Brand nach draußen - bis er sich an seine 30 Dollar teure Gitarre erinnerte. Er rannte wieder in das Gebäude und rettete sie. Dann erfuhr er, dass die Auseinandersetzung einer Frau namens Lucille gegolten hatte. Ab da an nannte er alle seine Gitarren - meistens waren es »Gibsons« - Lucille. Und Gitarren blieben die große Liebe seines Lebens, vielleicht die größte.

Am Donnerstag ist King im Alter von 89 Jahren in Las Vegas gestorben. Dort war er wegen Dehydrierung - Folge seiner langjährigen Diabetes-Erkrankung - in ein Krankenhaus gebracht worden. King hat alle anderen großen Blues-Musiker seiner Zeit überlebt, sei es Muddy Waters, Howlin’ Wolf, Jimmy Reed, Lightnin’ Hopkins oder John Lee Hooker. Er wurde für 30 Grammys nominiert und gewann 15. Er hat einen Stern auf dem Hollywood Boulevard und wurde in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.

Musikalisch hat er den Country-Blues mit dem Rhythmus der großen Städte verschmolzen. Er sang mit einer tiefen, resonanten Stimme und hat trotz seiner »dummen Finger«, wie er diese nannte, einen typischen eigenen Gitarren-Sound entwickelt. So brachte er die Saiten durch Vibrato mit der linken Hand zum »flattern«, »Schmetterling« nannte er das. Dieser Stil - viele emotional gespielte Licks - hatte Einfluss auf die frühe Rock-Musik und wurde von weißen Gitarristen wie Jeff Beck oder Bonnie Raitt kopiert. Auch beeinflusste King damit Musiker wie Jimi Hendrix oder Eric Clapton. »Ich wollte mein Gitarre-Spiel mit menschlichen Emotionen verbinden«, erklärte er in seiner Autobiografie »Blues All Around Me« (1996).

Geboren wurde King am 16. September 1925 nahe Itta Bena (Mississippi) als Sohn zweier Farmpächter. Als er vier Jahre alt war, verließ sein Vater die Familie, fünf Jahre später starb seine Mutter. 12-jährig wurde er Farmarbeiter, ging zehn Jahre hinter dem Pflug. Er lernte Gitarre spielen und wurde für etwa 15 Dollar pro Woche Straßensänger. Er ging nach Memphis (Tennessee) und wurde Disc Jockey bei dem Sender WDIA, wo er vor allem Blues spielte. 1951 veröffentlichte King seine eigene Single »Three O’ Clock Blues« - eine Nummer 1 in den Rhythm-and-Blues-Charts. Seitdem hat er mehr Singles und Alben verkauft als jeder andere Bluesmusiker. Auch umfangreich zu touren begann er.

King glaubte aber, dass sein wirklich großer Durchbruch sein Konzert 1968 im Fillmore West von San Francisco war, zu dem zahlreich junge langhaarige Weiße kamen - weshalb er dachte, er wäre falsch gebucht worden. Aber dann erhielt er Standing Ovations erhielt und ihm kamen die Tränen. »Das war der Beginn.«

Im Jahr darauf veröffentlichte B. B. King »The Thrill Is Gone«, einen Blues über Liebe und Verlust aus dem Jahre 1951. Es wurde sein größter Hit. Bald spielte er rund um den Erdball. Bis zum Jahr 2014 blieb er »on the road«, oft mit 200 bis 250 Konzerten im Jahr.

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