Streitgrund Nr. 1: Was ist erlaubt?

Mietrecht: Lärm

  • Lesedauer: 3 Min.
In einem Grundsatzurteil hatte der Bundesgerichtshof am 29. April 2015 die Rechte von Mietern auf Mietminderung wegen Lärms beschnitten. Es ging um spielende Kinder auf einem Bolzplatz (vgl. nd-ratgeber Nr. 1201 vom 6. Mai 2015). Nun fragen Leser, was sie hinnehmen müssen und wogegen sie sich wehren können, unter anderem mit einer Mietminderung.

Die Top Ten bei Nachbarschaftsstreit sind: Lärmbelästigung (63,6 Prozent), Nachbarpflicht nicht eingehalten (44,7 Prozent), Haustiere, Gerüche, Schmutz, Lärm (41 Prozent), Ärger über Autos, falscher Parkplatz (39,2 Prozent), Unfreundlichkeit (33 Prozent), Treppenhaus zugestellt, Kinderwagen (32,1 Prozent), Gemeinschaftsräume verdreckt oder zugestellt (27,5 Prozent), Besucher stören, nächtliches Klingeln (22,1 Prozent), Belästigung durch Rauch, Zigarettenrauch im Treppenhaus (20,7 Prozent). 9,3 Prozent entfallen unter Sonstiges wie Streit um Gartenzwerge, Fußmatten.

Die Lärm-Wut-Liste

Laute Musik ist der häufigste Grund für Nachbarschaftsstreit (72 Prozent). Selbst in der Gruppe der 14- bis 39-Jährigen geben 60 Prozent an, laute Musik sei schon einmal Ursache eines Streits gewesen. Partylärm (52,7 Prozent), Streitereien (51,3 Prozent), lautes Fernsehen (37,1 Prozent), Tierlärm (35,8 Prozent), Handwerksarbeiten (34,2 Prozent) und Kinderlärm (14,2 Prozent) sind weitere Lärmstreitpunkte.

Wie viel Lärm ist wann erlaubt?

Nachtruhe

Zwischen 22 und 6 Uhr gilt »Nachtruhe«. Geräusche dürfen nur Zimmerlautstärke haben und nicht außerhalb der Wohnung hörbar sein. Für die Mittagszeit von 13 bis 15 Uhr gibt es keine vergleichbare gesetzliche Regelung.

Laute Musik, Feste feiern

Ein Grundrecht auf Feiern in der Wohnung gibt es nicht - weder einmal im Monat noch dreimal im Jahr. Wer Gäste und Freunde einlädt, sollte auf die Nachbarn Rücksicht nehmen und ab 22 Uhr die Nachtruhe einhalten. Wer länger feiern will, sollte sich frühzeitig mit den Anwohnern absprechen.

Instrument spielen

Mieter dürfen in ihrer Wohnung musizieren. Täglich sind etwa zwei Stunden erlaubt. Dabei kommt es auf die Lautstärke an. Als Faustregel gilt: Je lauter das Instrument, desto kürzer die Spielzeit. Für ein Schlagzeug etwa sind nur rund 45 Minuten pro Tag erlaubt. Der Vermieter darf kein 100-prozentiges Musikverbot aussprechen.

Fernseher und Musikanlage

Derartige Geräte dürfen ohne zeitliche Begrenzung genutzt werden. Hier gilt jedoch »Zimmerlautstärke«. Das bedeutet, außerhalb der Wohnung dürfen Geräusche von Fernseher, Radio, CD-Player nicht mehr oder zumindest kaum noch zu hören sein. Entscheidend ist, dass Nachbarn nicht belästigt werden. Ab 22 Uhr gilt Nachtruhe, dann ist die Lautstärke noch weiter zurückzudrehen.

Von Hunden und Hähnen

Wer im ländlichen Bereich lebt, muss einen krähenden Hahn in der Nachbarschaft hinnehmen. Anders in einem Wohngebiet. Hier kann das Krähen des Federviehs verboten werden (Oberlandesgericht Hamm, Az. 22 U 265/87). Ein Papagei, der im Freien abgestellt wurde, darf nicht den ganzen Tag pfeifen oder krächzen. Auch Hundegebell ist nur gelegentlich zumutbar. Jault das Tier allerdings den ganzen Tag, können sich Nachbarn beschweren. Der Vermieter muss dann einschreiten.

Handwerksarbeiten

Bauarbeiten in der Nachbarschaft können ein Mangel der Mietsache und damit Grund für eine Mietminderung sein. Das gilt erst recht, wenn der Vermieter im Haus umbaut oder saniert. Nach 22 Uhr und am Wochenende haben Mieter Anspruch auf Ruhe. Wenn der Nachbar in seiner Wohnung gelegentlich hämmert und bohrt, ist das erlaubt. Aber er muss Rücksicht nehmen, insbesondere abends, morgens und am Wochenende.

Kinderlärm

Wenn kleine Kinder lachen, schreien, toben oder weinen, müssen die Nachbarn den Lärm hinnehmen. Je jünger die Kinder, umso höher sollte die Toleranzgrenze sein. Eltern sollten im Gegenzug darauf achten, dass der Lärm im erträglichen Maß bleibt. Da nächtliches Weinen von Säuglingen nicht zu verhindern ist, muss es auch geduldet werden. Sind Kinder laut, bevor sie das Haus morgens in Richtung Kindergarten oder Schule verlassen, rechtfertigt das keine Mietminderung (Landgericht München, Az. 131 S 20796/04).

Aus: MieterZeitung 1/2015

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal