US-Fußball erlebt gigantischen Schub

Trainer Jürgen Klinsmann sieht seine Arbeit nach dem 2:1 gegen die DFB-Elf bestätigt

  • Heinz Büse und Arne Richter
  • Lesedauer: 3 Min.
4:3 beim WM-Dritten Niederlande, 2:1 bei Weltmeister Deutschland - den USA sind zwei bemerkenswerte Siege gelungen. Das hilft US-Coach Jürgen Klinsmann, den Fußball dort populärer zu machen.

Jürgen Klinsmann verzichtete auf überschwänglichen Jubel. Anders als seine Profis, die ihrer Freude nach dem 2:1 (1:1)-Coup über Deutschland freien Lauf ließen, reagierte der US-Coach wie ein erfahrener Diplomat. Kaum war der Schlusspfiff ertönt, machte er sich auf den Weg zur deutschen Trainerbank, um Joachim Löw mit einer entschuldigenden Geste in den Arm zu schließen - ganz so, als wäre ihm der Triumph über seinen einstigen Weggefährten ein wenig peinlich. Aus seinem Stolz machte Klinsmann wenige Minuten später jedoch keinen Hehl: »Hier zu gewinnen, bei der Nummer eins der Welt, ist etwas ganz Besonderes. Die Spieler sind richtig happy.«

Auf seiner Mission, der Sportart im lange Zeit wenig fußballbegeisterten Amerika zu mehr Popularität zu verhelfen, macht der einstige DFB-Bundestrainer weiter Fortschritte. Nur wenige Tage nach dem 4:3 beim WM-Dritten aus den Niederlanden gelang seinem Team beim Sieg über den Weltmeister der nächste Achtungserfolg. »Das wird in unseren Medien für große Resonanz sorgen«, kommentierte Klinsmann mit einem glückseligen Lächeln. »Wir wollten hier beweisen, dass wir erwachsen und dass wir im Kommen sind.« Mit der jüngsten Entwicklung ist er überaus zufrieden: »Der Fußball hat einen gigantischen Schub bekommen.«

Wie schon bei der Weltmeisterschaft in Brasilien, als erst im Achtelfinale gegen die hochgehandelten Belgier in der Verlängerung das Aus kam, betrieb sein Team auf der kurzen Europa-Tournee Werbung in eigener Sache. Nach dem 1:1 durch Mix Diskerud (41.) übernahmen die vom starken ehemaligen Gladbacher Michael Bradley angeführten Amerikaner gegen die nachlassende DFB-Elf die Regie. Bobby Wood (87.) vom Zweitliga-Absteiger Erzgebirge Aue sorgte für den verdienten Lohn. Selbst Löw war beeindruckt: »Diese Mannschaft hat einen Fighting Spirit und eine unglaublich gute Physis. Nicht umsonst war sie bei der WM vor Ghana und Portugal.«

Bei aller Euphorie will Klinsmann die jüngsten Erfolge jedoch nicht überbewerten. Im Gegensatz zu den Deutschen und Niederländern gingen seine Profis nicht als Urlauber ins Spiel, sondern kamen aus der Vorbereitung für den am 7. Juli beginnenden Gold Cup, der Kontinentalmeisterschaft für Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik. »Dass wir in der 2. Halbzeit die bessere Mannschaft waren, lag daran, dass wir im Schwung sind«, bekannte der Weltmeister von 1990. Angesichts der bevorstehenden Aufgaben kamen die überraschenden Erfolgsergebnisse in Amsterdam und Köln gerade recht. »Diese beiden Siege geben uns Selbstvertrauen für den Gold Cup«, sagte Torschütze Diskerud. Die Amerikaner starten als Titelverteidiger ins Turnier und könnten sich mit einem neuerlichen Erfolg für den Confed Cup 2017 in Russland qualifizieren.

Auf dieses Ziel ist Klinsmann seit Wochen fokussiert. Ganz unbeschwert wirkte er bei seiner Rückkehr nach Deutschland deshalb nicht. Dennoch genoss er die wenigen Tage - auch wenn für einen Abstecher nach Schwaben keine Zeit blieb: »Es war schön, daheim zu sein und die alten Gesichter mal wieder zu sehen.« dpa

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