Ramelow: Verdopplung der Flüchtlingshilfen reicht nicht

Bund verspricht Unterstützung für Länder / De Maizière: »sehr offen« für Investitionen in Wohnungsbau / Konkrete Entscheidungen sollen im Herbst fallen

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Update 10.50 Uhr: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) hat die beschlossene Verdopplung der Hilfen für Flüchtlinge angesichts der Probleme von Ländern und Landkreisen als »einen Tropfen auf den heißen Stein« bezeichnet. In einem Interview mit dem mdr betonte er zudem, dass das Geld aus dem Fluthilfefonds komme. Der werde zur Hälfte von den Ländern selber finanziert, so Ramelow. Der Ministerpräsident fordert darüber hinaus ein modernes Einwanderungsgesetz für Deutschland. Um das Demografieproblem in den Griff zu bekommen, müsse die Bundesrepublik ein Zuwanderungsland werden, sagte der LINKEN-Politiker der »Berliner Morgenpost« (Freitagsausgabe). Dazu gehörten schnelle Asylverfahren, schnelle Unterstützung beim Deutschlernen, schnelle Hilfen bei der Bürokratie. Zudem müsse der Bund einen viel größeren Anteil der Kosten tragen als bislang.

Bund verspricht Beteiligung an Kosten für Flüchtlinge

Berlin. Der Bund will sich künftig dauerhaft an der Finanzierung der Kosten für Unterkunft und Versorgung von Flüchtlingen beteiligen. In einem Beschluss, den Vertreter von Bundesregierung und Ländern am Donnerstagabend bei einem Arbeitsgespräch in Berlin fassten, heißt es, der Bund werde sich ab 2016 strukturell »an den gesamtstaatlichen Kosten, die im Zusammenhang mit der Zahl der schutzbedürftigen Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen, beteiligen«. Konkrete Entscheidungen dazu sollen im Herbst fallen.

Damit kommt der Bund dem langen Drängen von Ländern und Kommunen nach, die sich mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen überfordert fühlen. Der Bund hatte vor diesem Hintergrund den Ländern bereits für dieses und das nächste Jahr Hilfen von jeweils 500 Millionen Euro zugesagt. Für 2015 wird dieser Betrag dem Beschluss zufolge auf eine Milliarde Euro verdoppelt.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Freitag in Berlin, es solle künftig stärker unterschieden werden »zwischen den Flüchtlingen, die Schutz verdienen, und denen, die keine Bleibeperspektive haben«. Dies steht auch so im Beschlusspapier von Bund und Ländern. Für diejenigen ohne Aussicht auf ein Recht zu bleiben, etwa Asylbewerber aus dem Kosovo oder aus Albanien, sollten die Asylverfahren bereits im Erstaufnahmelager stattfinden, sagte de Maizière im ZDF-Morgenmagazin. Diejenigen, die bleiben, sollten schneller integriert und in den Arbeitmarkt gebracht werden.

Wie die zusätzliche finanzielle Beteiligung des Bundes im einzelnen aussehen werde, ob es Beträge »pro Kopf« seien oder eine neue Aufgabenteilung, müsse noch entschieden werden, sagte de Maizière weiter. Der Wohnungsbau könne bei den Gesprächen im Herbst ein zentrales Thema sein. Er selber sei »sehr offen dafür«, denn viele Flüchtlinge würden dauerhaft bleiben.

In dem Beschlusspapier heißt es, Bund und Länder seien sich einig, »dass sie zur Bewältigung der großen Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber in einer Verantwortungsgemeinschaft stehen«. Den Ländern wird bislang vorgeworfen, Abschiebungen nicht genügend durchzusetzen. Diese fallen in den Verantwortungsbereich der Länder.

Im Bundesinnenministerium hatten sich am Donnerstagabend Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und große Teile ihres Kabinetts mit den Ministerpräsidenten der Länder getroffen. In der nächsten Woche findet das reguläre Treffen der Regierungschefs mit der Kanzlerin statt. Dort sollen dem Beschluss zufolge ebenfalls weitere Details zur Verteilung der Finanzierung der Flüchtlingsversorgung besprochen werden.

Die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl beantragen, war innerhalb des vergangenen Jahres stark gestiegen. 2014 verzeichnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge insgesamt rund 200.000 Asylanträge, davon 173.000 Erstanträge. Für das aktuelle Jahr rechnet die Behörde mit bis zu 400.000 Erst- und 50.000 Folgeanträgen. epd/nd

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