Leuchtturm oder Klüngelei

Die Frankfurter entscheiden am Sonntag über die umstrittene Fußball-Akademie des DFB

  • Alexander Sarter, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Sonntag entscheiden die Frankfurter Bürger über die umstrittene neue DFB-Zentrale, die 89 Millionen Euro kosten soll.

Plakatwälder in der Stadt, Propagandaschlachten in den Medien, Polemik von vielen Seiten: Das Getöse vor dem Bürgerentscheid über die neue Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt am Main erinnerte fast an eine Bundestagswahl. Nach der Abstimmung werden die Gegner und Befürworter des 89 Millionen Euro teuren Projekts am frühen Sonntagabend wissen, ob sich ihr Kampf mit harten Bandagen gelohnt hat.

Als Folge des aggressiven Wahlkampfs der Gegner, die den Bau auf dem Gelände der Galopprennbahn im Stadtteil Niederrad verhindern wollen, ging kurz vor der ersten Abstimmung dieser Art in der Mainmetropole der DFB in die Offensive. »Es handelt sich um ein Leuchtturmprojekt des Fußballs«, sagte Projektleiter Oliver Bierhoff der »Frankfurter Rundschau«: »Es ist mit Sicherheit auch für die Stadt Frankfurt ein Leuchtturmprojekt.«

Ähnlich sieht es Bundestrainer Joachim Löw. Er fühle sich in Frankfurt wie seine Spieler »sehr wohl« und sieht in der Metropole »den idealen Ort für das zukunftsweisende Projekt« des DFB, in dem er »Wissen bündeln und den Fußball entwickeln« will. In einem offenen Brief appellierte der 55-Jährige daher, »dass Sie, liebe Frankfurterinnen und Frankfurter, uns nicht nur im Stadion mit Ihrer Stimme unterstützen«.

Bierhoff machte derweil keinen Hehl daraus, was eine Entscheidung gegen den DFB bedeuteten würde. Sollten 25 Prozent der Wahlberechtigten (rund 124 000 Bürger) der Initiative »Pro Rennbahn« folgen, droht der Manager der Nationalmannschaft (»Wir haben keinen Plan B«) mit dem Abschied des Verbands aus der Stadt. »Dann wären wir sehr enttäuscht und schockiert«, sagte Bierhoff, der seine Idee von einer Akademie erstmals vor acht Jahren formuliert hatte: »Auf der einen Seite wollen wir die Stadt nicht abstrafen, wenn es nicht klappen sollte. Auf der anderen Seite müssten wir für diesen Fall natürlich über neue Optionen diskutieren.«

Damit dieser Fall nicht eintritt, rührte auch der DFB-Sportdirektor die Werbetrommel. »Viele europäische Fußballnationen, darunter Spanien, Frankreich oder England, haben bereits Leistungs- und Kompetenzzentren«, sagte Hansi Flick. »Da sind sie uns einen Schritt voraus. Deshalb ist es umso wichtiger, dass der DFB einen Ort hat, wo er seine gesamte Kompetenz versammelt.«

Das sehen die Gegner völlig anders. Auf unzähligen Plakaten, im Internet, auf Versammlungen, mit Flugblättern und via Medienmitteilungen machten sie in den vergangenen Wochen Front gegen das Projekt auf dem 15 Hektar großen Areal (plus Erweiterungsoption um fünf Hektar). Dass die Stadt dem Verband das Gelände per Erbbauvertrag (99 Jahre Laufzeit für 6,835 Millionen Euro kapitalisierter Erbbauzins) auf dem Silbertablett serviert hat, bietet genügend Angriffsfläche.

Die Gegner sprechen von einer »lächerlichen Pacht« und einem »84 Millionen Euro teuren Geschenk der Stadt an die DFB-Bosse«. Sie bezichtigen den schwarz-grünen Magistrat und den DFB der »Klüngelei«. Ein Plakat rückt DFB-Präsident Wolfgang Niersbach in die Nähe von FIFA-Boss Joseph Blatter - und damit nahe an die Skandale beim Weltverband. »Dieses Plakat ging zu weit. Die Dinge so miteinander zu vermischen, finde ich geschmacklos«, sagte Bierhoff, der 2018 in die neue Zentrale unweit des bisherigen Sitzes umziehen will.

Der DFB kassiert für den Bau einen Zuschuss von 7,6 Millionen Euro von der FIFA und der Europäischen Fußball-Union. In vier Stockwerke hohen Gebäuden, die über ein riesiges Dach verbunden sind, sollen die verschiedenen Abteilungen gebündelt werden. Dazu kommen Fußballplätze, eine Indoor-Halle und eine öffentliche Grünanlage. SID/nd

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