SYRIZA-Sitze reichen nicht

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Alexis Tsipras kann im Parlament mit der Zustimmung zu seinen Vorschlägen an die Gläubiger rechnen - jedoch wohl nur mit Hilfe der Opposition.

In der griechischen Presse sah man am Tag nach dem Sondergipfel in Brüssel das Abkommen mit den Gläubigern in greifbare Nähe gerückt. »In Richtung Übereinkunft mit Maßnahmen in Höhe von 7,9 Milliarden Euro« titelte »Kathimerini«. Auch die »Zeitung der Redakteure« sah das Land auf dem Weg »hin zu einem schmerzhaften Kompromiss«. Doch selbst wenn es Regierungschef Alexis Tsipras gelingt, eine Einigung zu erzielen, muss ihr anschließend noch das Parlament zustimmen. Ob Tsipras dort die eigene Mehrheit bekommt, ist nun fraglich.

Denn während der Premier angesichts der auf dem Tisch liegenden Vorschläge sagt, erstmals würden nicht Lohnabhängige und Rentner belastet und »die griechische Durchschnittsfamilie geschützt«, sieht das linksradikale Drittel der insgesamt 149 SYRIZA-Abgeordneten die Einhaltung ihrer Wahlversprechen in Gefahr. »Viele SYRIZA-Abgeordnete, ob von der linken Seite oder nicht, werden sich sehr schwertun, einem solchen Programm zuzustimmen«, sagte der Wortführer der Linken Plattform, Costas Lapavitsas, der »Zeit«. Der stellvertretende Parlamentspräsident Alexis Mitropoulos ging noch einen Schritt weiter: Er könne sich nicht vorstellen, dass eine derartige Vereinbarung das Parlament passiert. Der SYRIZA-Abgeordnete Giannis Michelogiannis kündigte gar offen an, seine Stimme zu verweigern. Die Vereinbarung koste den Durchschnittsgriechen jährlich »mindestens zwei Monatslöhne«.

Auf dem Internetportal der Linken Plattform »Iskra« wurde derweil der Ratschlag des linken ägyptischen Finanzwissenschaftlers Samir Amin veröffentlicht, Tsipras solle unbeirrt an seinem Regierungsprogramm festhalten und einen »Plan B« entwickeln.

Für die nationalistische SYRIZA-Koalitionspartnerin ANEL ist dagegen nur die geforderte Abschaffung der Mehrwertsteuerrabatte für die griechischen Inseln ein Hindernis. Das aber dürfte mit den geplanten Steuerrückzahlungen für ärmere Inselbewohner aus der Welt zu schaffen sein.

Im Zweifelsfall könnte sich Tsipras auf Stimmen aus den Oppositionsparteien stützen, um eine Mehrheit unter den insgesamt 300 Abgeordneten zu finden. »Wir wollen eine Übereinkunft, auch wenn es eine schlechte ist, aber nicht den Bruch«, sagte der Vorsitzende der Partei To Potami, Stavros Theodorakis. Er wolle jeder Vereinbarung zustimmen, die das Land im Euro hält.

Man werde über eine Übereinkunft beschließen, wenn sie vorliege, erklärte dagegen der Sprecher der konservativen Nea Dimokratia, Kostas Karagounis, und fügte hinzu: »Die tragische Wahrheit ist, dass die Regierung für ein wesentlich kleineres Ziel das Achtfache an Maßnahmen vorschlägt, die von der vorherigen Regierung verhandelt worden waren.«

Zustimmung wurde auch von der sozialdemokratischen PASOK signalisiert. »Die Erleichterung darüber, dass das Land der Katastrophe entgangen ist«, könne allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, »dass man auf dem schlimmstmöglichen Wege« zur Übereinkunft komme, kommentierte der ehemalige PASOK-Vorsitzende Evangelos Venizelos.

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