Terror-Szenen aus Stück gestrichen

Mozart-Festival

  • Lesedauer: 2 Min.

Weder enthauptete Köpfe noch Fahnen mit Symbolen der Terrororganisation IS: Das Festival von Aix-en-Provence hat Anspielungen auf den islamistischen Terror aus der Inszenierung der Mozart-Oper «Die Entführung aus dem Serail» gestrichen. Regisseur Martin Kušej reagierte verärgert. Er könne die Aufführung so nur noch eingeschränkt als seine Inszenierung bezeichnen, erklärte der Regisseur und Intendant des Münchner Residenztheaters. Er hatte zum Ende der Oper in blutige Fetzen gewickelte Köpfe enthaupteter Gefangener darstellen wollen. Das Publikum nahm die entschärfte Premiere am Freitagabend dennoch mit viel Beifall auf, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete. Das Singspiel soll noch bis zum 17. Juli gezeigt werden.

Für Festivalchef Bernard Foccroulle hat der Eingriff nichts mit Zensur zu tun. Anspielungen auf die Terrormiliz Islamischer Staat seien ihm nach dem Anschlag in Lyon auf einer Opernbühne nicht sachdienlich erschienen, begründete er seine Entscheidung. Man wolle keine Bilder aus ihrem Kontext gelöst im Internet wiederfinden. Ende Juni hat ein mutmaßlicher Islamist einen Anschlag auf ein Industriegaslager nahe Lyon verübt.

Schwer bewaffnete Dschihadisten und Erdölquellen: Kušej stellte das 1782 von Mozart geschaffene Werk, das von der Verschleppung europäischer Frauen in den Palast eines türkischen Herrschers handelt, in den aktuellen Kontext. Ihm sei es darum gegangen, die politische Relevanz des Stückes herauszuarbeiten, denn es sei zu oft als harmlos missverstanden worden, erklärte er. «Ich wollte mit meiner Inszenierung zeigen, wie Terrorismus jegliche positive Utopien zerstört; dass wir mit unserem idealistischen Weltbild, unserer Kultur und Zivilisation, mit der ›Aufklärung‹ an ein gewaltsames Ende geraten sind», teilte er in der Presseerklärung mit. «Das sind schon deutliche Eingriffe, die meine Inszenierung entschärfen und sie insgesamt auf ein gut konsumierbares Niveau herunterpegeln - »Opera as usual«!

In Deutschland war an der Deutschen Oper in Berlin 2006 wegen angeblicher islamistischer Drohungen die Mozart-Oper »Idomeneo« abgesetzt worden. Die Inszenierung von Hans Neuenfels zeigte am Schluss die abgeschlagenen Köpfe von Jesus, Buddha und dem Propheten Mohammed auf der Bühne. Die Absetzung sorgte weltweit für Schlagzeilen und stieß bei Künstlern und Politikern auf heftige Kritik. Unter großem Polizeiaufgebot wurde die Inszenierung wenige Monate später doch aufgeführt. dpa/nd

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