Entwicklung kann Migration nur bremsen
Martin Ling über eine neue Studie der Welthungerhilfe
Jeder 122. Mensch auf der Welt ist ein Flüchtling, Binnenflüchtling oder Asylsuchender. Diese Zahl ist plastischer als die 59,5 Millionen Menschen, die derzeit weltweit im In- oder Ausland auf der Flucht sind – die höchste Zahl seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Für die Welthungerhilfe und Terre des hommes war der Anstieg der Flüchtlingszahlen Anlass genug, um eine Studie über den Zusammenhang Migration und Entwicklung in Auftrag zu geben.
Der Verfasser, Jochen Oltmer vom Institut für Migrationsforschung in Osnabrück, sieht in Entwicklungspolitik nur sehr bedingt Potenzial, auf Migration einzuwirken. Kriegen und Konflikten vorzubeugen, sei sinnvoll, die Migration als »ein Mittel zur Wahrnehmung von Chancen andernorts« aber so alt wie die Menschheit an sich.
Die Fakten sprechen durchaus für Oltmer: Die allermeisten Menschen migrieren innerhalb ihrer Kontinente, die wenigsten haben die Mittel und riskieren die Überfahrt gen Europa, auch wenn es angesichts der akuten Krisen immer mehr werden.
Die Möglichkeiten der Entwicklungspolitik sind fraglos begrenzt: Ob Konflikte um Macht und Ressourcen am Verhandlungstisch beigelegt oder über kriegerische Waffengänge ausgetragen werden, ist jenseits der entwicklungspolitischen Einflusssphäre. Oltmers Hinweis, dass »erst wenn maßgebliche Akteure im Norden bereit sind, Akteure aus dem Süden als gleichberechtigte Partner in der Aushandlung dessen zu akzeptieren, was unter Migration und Entwicklung verstanden wird«, ist indes ein wichtiger Fingerzeig. Ein Ausgleich von Interessen zwischen Nord und Süd wird nur unter dieser Maßgabe möglich sein – das gilt für Migration, Entwicklungs- und Handelspolitik gleichermaßen.
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