Maaßen verteidigt Strafanzeigen

Verfassungsschutzpräsident sah Arbeitsweise seines Geheimdienstes durch Netzpolitik.org gefährdet

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 2 Min.
Während der Verfassungsschutzpräsident sein Vorgehen im Fall Netzpolitik.org rechtfertigt, bleibt die Frage nach der politischen Verantwortung für die Landesverrats-Affäre offen.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz wäscht seine Hände in Unschuld: Gegenüber der »Bild am Sonntag« erklärte Hans-Georg Maaßen, um die weitere Arbeitsfähigkeit seines Hauses im Kampf gegen Extremismus und Terrorismus sicherzustellen, »war es notwendig, gegen die Herausgabe von als vertraulich oder geheim eingestuften Dokumenten des BfV juristisch vorzugehen«. Dies habe er im Frühjahr 2015 mit Strafanzeigen gegen Unbekannt getan, »alles Weitere ist nun eine Angelegenheit der Justiz«, so Maaßen.

Dass Generalbundesanwalt Harald Range angekündigt hatte, die Ermittlungen vorerst nicht vorantreiben zu wollen, wollte er nicht kommentieren.

Medienberichten zufolge will das Kanzleramt nichts von den Ermittlungen gewusst haben - hier liegt die politische Aufsicht über die Geheimdienste. Laut einem Bericht von heute.de wusste man im Bundesinnenministerium dagegen Bescheid über die Anzeige des Verfassungsschutzpräsidenten - Maaßen habe den zuständigen Abteilungsleiter sowie die Staatssekretärin im Ministerium informiert. Offenbar war dem VS-Präsidenten die Brisanz des Vorgangs bewusst. Bei Minister Thomas de Maizière (CDU) sei die Information darüber aber angeblich nicht angekommen.

LINKEN-Chef Bernd Riexinger forderte Range auf, »seinen Hut zu nehmen«. So werde gegen »ein paar Journalisten« ermittelt, jedoch nichts dagegen unternommen, »dass Millionen Menschen ausspioniert werden«, kritisierte Riexinger. Der Parteivorsitzende forderte auch eine offizielle Reaktion aus dem Kanzleramt. Dieses sei für die Geheimdienste verantwortlich.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, meinte am Sonntag, Range müsse erklären, wie er »zum Tatvorwurf des Landesverrats statt Geheimnisverrats kam«. Landesverrat liege als Verdacht nur vor, wenn durch den Verrat die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik herbeigeführt werde. »Dies kann bei den beiden Veröffentlichungen auf Netzpolitik.org aber offensichtlich nicht der Fall sein«, so Beck.

Unterdessen zeigte sich der Chefredakteur von Netzpolitik.org »überwältigt« von der Solidarität für das Portal. Die Server seien wegen des Interesses »immer wieder zusammengebrochen«, sagte Blogbetreiber Markus Beckedahl den »Ruhr Nachrichten«. Dass die Ermittlungen derzeit ruhen, sei indes kein wirklicher Fortschritt. »Die Botschaft ist ja, dass wir nur vorerst nicht mit Exekutiv-Maßnahmen rechnen müssen«, so Beckedahl. »Wer weiß, wie es weitergeht, wenn die mediale Aufregung vorbei ist.«

Bereits am Sonnabend wurde aus der virtuellen Solidarität eine ganz reale, als 2500 Demonstranten durch die Berliner Innenstadt zogen unter dem Motto »Für Grundrechte und Pressefreiheit«. Mit Agenturen Seite 5

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