Unrichtiges Gutachten, trübe Fenster, faules Holz

Urteile zu Baurecht und Wohneigentum

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Entsprechen Gutachten nicht der objektiven Sachlage, gehen sie von einem unzutreffenden Sachverhalt aus oder ziehen falsche Schlüsse, besteht Schadenersatzpflicht.

Im Falle eines Zwangsversteigerungsverfahrens, so Manfred Raber, Vertrauensanwalt des Bauherrn-Schutzbundes (BSB), ersteigerte ein Kläger aufgrund eines Verkehrswertgutachtens ein Gebäude für 70 000 Euro. Anstatt eines gutachterlich konstatierten befriedigenden baulichen Zustandes war es abrissreif.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil vom 10. Oktober 2013 (Az. III ZR 345/12), dass dem Kläger grundsätzlich Schadenersatz zusteht. Denn der durch ein staatliches Gericht in einem gerichtlichen Verfahren bestellte Sachverständige haftet, wenn grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt wurde. Fehlen ihm vor Ort die Möglichkeiten zur Ermittlung des Sachverhaltes, hat er deutlich darauf hinzuweisen. BSB/nd

Doppelfenster werden trüb - wer muss den Schaden in der Eigentumsanlage beheben?

In der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentumsanlage stand, dass die Mitglieder für Glasschäden in ihren Wohnungen selbst aufkommen müssen. Die Eigentümergemeinschaft hatte dementsprechend auch festgelegt, blind gewordene Isolierglasscheiben müssten auf Kosten der jeweiligen Eigentümer ausgewechselt werden.

Daran wollte sich ein Eigentümer nicht halten. Bei trüben Scheiben handle es sich nicht um Glasschäden. Außerdem müsse die Gemeinschaft schon deshalb die Kosten übernehmen, weil die Außenfenster zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörten.

Laut Bayerischem Obersten Landesgericht (Az. 2Z BR 129/94) sei es zwar richtig, dass die Doppelfenster Gemeinschaftseigentum seien. Die Gemeinschaftsordnung könne die Zuständigkeit für das Beheben von Glasschäden trotzdem anders regeln. Seien Fensterscheiben zuvor durchsichtig gewesen, sei es nach »normalem Sprachgebrauch« als Glasschaden aufzufassen, wenn sie »trüb« oder »blind« werden.

Verfaultes Holz am Haus - steht den Immobilienkäufern trotz Gewährleistungsausschlusses Schadenersatz zu?

Das Haus mit Holzbalkonen und teils Holzfassaden war 1982 gebaut worden. In den 90er Jahren kaufte es das Ehepaar A und ließ es 2002 renovieren. 2007 verkauften sie das Haus an das Ehepaar B, unter Ausschluss der Gewährleistung für Mängel.

2010 sanierten die Käufer erneut die Außenfassade und stießen auf verfaulte Holzteile und Schimmelpilz. Sie forderten nun Schadenersatz für die Sanierungskosten. Auf den Gewährleistungsausschluss könnten sich die Verkäufer nicht berufen, weil sie die gravierenden Schäden arglistig verschwiegen hätten.

Das Oberlandesgericht Koblenz (Az. 3 U 438/14) wies die Zahlungsklage der Käufer ab. Richtig sei: Wer Mängel arglistig verschweige, hafte trotz eines Gewährleistungsausschlusses.

Das treffe hier aber nicht zu. 2002 habe das Ehepaar A das Gebäude von mehreren Fachunternehmen aufwendig renovieren lassen. Damals habe es noch nicht geplant, das Haus zu verkaufen. Sie bewohnten das Anwesen selbst.

Zwar habe die beauftragte Firma nicht fachgerecht gearbeitet. Doch bautechnische Laien dürften sich auf deren Sachkunde verlassen. Nach der Sanierung habe das Paar A noch fünf Jahre im Haus gewohnt. Man könne also glauben, dass sie fest davon ausgingen, alle Mängel seien behoben. OnlineUrteile.de/nd

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