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Der Lautsprecher

Milliardär Donald Trump vergiftet den US-Präsidentschaftswahlkampf

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Der US-Vorwahlkampf zur Präsidentenwahl 2016 hat beispiellos früh und mit einem lauten Radau begonnen, der selbst für amerikanische Verhältnisse historische Vorgänger schwer finden lässt.

Die »Washington Post« ist nicht amüsiert: In den Wochen vor der ersten nationalen Fernsehdebatte der republikanischen Bewerber für die US-Präsidentschaftskandidatur an diesem Donnerstag in Cleveland (Ohio) »sind die üblichen Regeln des Anstands in weiten Teilen des Republikaner-Felds wiederholt mit Füßen getreten worden - alles aus dem krankhaften Drang, Aufsehen um jeden Preis zu erregen«, so das Blatt.

Kandidat Mike Huckabee verglich Barack Obama mit einem »Gefängniswärter der Nazis«, andere wollen elf Millionen nicht dokumentierte Einwanderer »deportieren« und Iran »bombardieren«, doch den Vogel schießt seit Wochen der Mann ab, der die Republikaner in Umfragen klar anführt: Donald Trump (69). Der Immobilienmilliardär (Vermögen vier bis zehn Milliarden Dollar) ist der Lautsprecher der amerikanischen Politik, obwohl er sich ausdrücklich als Nicht-Politiker inszeniert. Er wird auch im Zentrum der TV-Debatte von Fox News stehen, an der die in den Umfragen zehn bestplatzierten Bewerber teilnehmen dürfen.

Trump beschimpft seine Rivalen als »Clowns«, »doof« und »hässlich«. In seiner Antrittsrede erklärte er, aus Mexiko kämen hauptsächlich Vergewaltiger und andere Kriminelle in die USA. Über sich sagt er im Stil des späten Erich Mielke: »Ich bin ein wirklich kluger Mensch … Ich hab’s einfach sehr gut gemacht im Leben. Die Leute lieben mich. Jeder liebt mich.« Sollte er die Vorwahlen nicht gewinnen, was trotz aller momentanen Selbstherrlichkeit noch immer am wahrscheinlichsten ist, erwägt er, als Parteiunabhängiger zu kandidieren. Das würde ihm kaum das Weiße Haus, aber dem Kandidaten der Republikaner wohl so viele Stimmenverluste bescheren, dass der Kandidat der Demokraten, mutmaßlich Ex-First-Lady Hillary Clinton (67), lachende Dritte sein könnte.

Trumps Umfragevorsprung hat wenig mit Aussagesubstanz zu tun. Trump ist ein auf Klamauk setzender, Links-Rechts-Muster ignorierender Ketzer in fast allen Fragen, die den Republikanern wichtig sind. Seine Zugkraft resultiert allein aus seinem Stil oder - wie es die »Washington Post« formuliert: »Seine leere Aufgeblasenheit machen ihn zum idealen Transporteur der Wut. Er ist wütend über alles, was auch Sie ärgert. Er ist ein Lautsprecher der Wut gegen alle Eliten und Ausländer, die unser Land ruinieren, unsere Jobs klauen, unsere Frauen vergewaltigen oder uns das Essen wegnehmen. Und der verspricht, alles in Ordnung zu bringen.«

Viele finden es widerlich, dass ein Rabauke in Pegida-Pose Zuspruch findet. Doch Menschen sind, wie sie sind und Populismus ist, was er ist. Deshalb trägt Trump zur Verwilderung der Politik und zur Verwahrlosung des Wahlkampfes bei. Die vermeintlichen Wahlkampffavoriten spüren Trumps Einfluss nicht nur an seinen Umfragewerten. Jeb Bush (62), Sohn und Bruder früherer Präsidenten, kann sich trotz gut gefüllter Kampagnekasse und trotz Unterstützung des Parteiapparats bisher nicht von seinen Konkurrenten absetzen. Bush, der sich wegen seiner Ehe mit einer Mexikanerin und mit seinen Spanisch-Kenntnissen bestens für das weiter wachsende Wahlgewicht der Latinos, der größten nationalen Minderheit in den USA, gerüstet sieht, hofft wie andere Rivalen, dass sich der Trump-Furor bis zum Wahlkampffinale erledigt hat. Doch dass die Republikaner überhaupt auf einen Trump kommen, ist Mangel-, nicht Tauglichkeitsbeleg ihres Regierungsanspruchs.

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