Nicht jede neue Wohnung ist gut

Linksfraktion legt eigenes wohnungspolitisches Handlungskonzept vor

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Neubau allein löst die Wohnungsnot nicht, sagt die LINKE. Und auch die geförderten Wohnungen seien zu teuer. Sie hat ein Gegenkonzept.

Immerhin: Die Linkspartei bescheinigt dem Senat, eine »aktive Wohnungspolitik« zu betreiben. Aber mit den Ergebnissen ist sie nicht zufrieden. »Es gebe ein Kontroll- und Umsetzungsdefizit«, kritisierte Fraktionschef Udo Wolf. Denn die Mietsteigerungsdynamik habe sich nicht abgeschwächt, sondern sogar noch verschärft. Zusammen mit der Wohnungsexpertin der Fraktion, Katrin Lompscher, präsentierte Wolf deshalb am Donnerstag unter dem Titel »Strategie soziales Wohnen« ein 21-seitiges Papier, das sich als Diskussionsangebot versteht und in seinen sechs Punkten einen Gegenentwurf zur Senatspolitik darstellt. Dabei hat die LINKE auch den Mietenvolksentscheid im Blick.

Schlüsselakteure zur sozialen Wohnungspolitik sind für die LINKE die städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Die Fraktion unterstützt das Senatsziel, die Zahl der städtischen Wohnungen auf 400 000 zu erhöhen, aber zu sozial tragbaren Mieten. Dafür soll das Land ihnen jährlich mindestens 100 Millionen Euro als Eigenkapital zuführen. Derzeit fördert Berlin jährlich mit 64 Millionen Euro den Bau von etwa 1000 Sozialwohnungen - geplant ist eine Verdreifachung -, die im Schnitt 6,50 Euro pro Quadratmeter kosten und alle zwei Jahre um 20 Cent teurer werden. »Das sei viel zu hoch und stelle nur eine soziale Zwischennutzung dar«, sagte Lompscher. Stattdessen sollten die Gesellschaften eine jährlich wachsende Zahl von Wohnungen zu Höchstmieten von 5,50 Euro pro Quadratmeter zur Verfügung stellen, insbesondere für Transferleistungsbezieher.

Ziel der Linkspartei sind 500 000 mietpreisgebundene Wohnungen. Das soll auch durch Förderung der Modernisierung und des Ankaufs von Bestandwohnungen möglich werden. Dazu schlägt die Partei auch die Einrichtung eines Förderfonds von mindestens 30 Millionen Euro vor sowie einen öffentlich getragenen Fonds für private Anleger.

Ein anderer Umgang wird auch mit den bestehenden rund 130 000 Sozialwohnungen alter Westberliner Prägung angestrebt. Derzeit werden die Mieten in einigen Siedlungen bei 5,70 Euro pro Quadratmeter gekappt, das Land bezahlt die Differenz zur sogenannten Kostenmiete. Damit werden die Vermieter nachsubventioniert, außerdem sei die Miete für Transferleistungsbezieher oft immer noch zu hoch, kritisiert die LINKE. Sie will die Eigentümer an den Kosten beteiligen und eine sogenannte Richtsatzmiete einführen, die sich an der Miete des Vorjahres oder bestimmten Kriterien wie Baualter oder Förderart orientiert. Danach dürfen sie nur im Rahmen der allgemeinen Preissteigerungen steigen. Außerdem soll das Land auf verkaufswillige Eigentümer zugehen und Sozialwohnungen rekommunalisieren.

Die LINKE fordert ein Konzept, um sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen mit Wohnungen zu versorgen. Dazu müsste der Senat aber erst einmal wissen, wie viele Menschen in prekären Verhältnissen leben, so Lompscher. Dafür sollte er einen regelmäßigen Wohnungsversorgungsbericht vorlegen. Zwangsumzüge müssten vermieden, für Transferleistungsbezieher die ortsüblichen Mieten übernommen werden. Und die Bezirke bräuchten mehr Personal, um etwa das Zweckentfremdungsverbot auch durchsetzen zu können.

Der Senat verfahre nach dem Motto: »Jede neue Wohnung ist eine gute Wohnung«, kritisierte Wolf. Dabei werde zu wenig auf die soziale und ökologische Qualität geachtet. Wohnortnahe Grünflächen müssten vor der Konkurrenz des Wohnungsbaus geschützt werden, Nachverdichtungspotenziale gebe es auf Parkplätzen und einstigen Gewerbeflächen genug.

Der Mietenvolksentscheid wird von der Linkspartei »im Grundanliegen« unterstützt, auch wenn es in einigen Punkten Diskussionsbedarf gebe. Offenbar auch bei der Subventionierung von Sozialwohnungen. »Wenn der Senat die Richtsatzmiete einführt, kann er das Haushaltsrisiko minimieren«, sagte Wolf.

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