Deutsche Demokratie

Tom Strohschneider über Abgeordnetenrechte hier - und in Griechenland

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 1 Min.

Der Begriff »Abweichler« drückt einen politischen Minderwertigkeitskomplex aus: Alle wissen ja, dass es weit nobler wäre, wenn Abgeordnete immer zu individuellen, man sagt: »freien« Entscheidungen kommen würden. Weil man vor so viel Demokratie aber Angst hat, werden »abweichend« votierende Parlamentarier mit einem Wort belegt, das keine guten Assoziationen wecken soll. Bösartigkeit aus schlechtem Gewissen.

Es mag gute Gründe für die Gruppenlogik von Fraktionen geben. Volker Kauders Drohung an Abgeordnete, bei der nächsten Pöstchenverteilung leer auszugehen, wird man dazu nicht zählen. Die bitterliche Klage über den Fraktionschef in der Union ist allerdings unglaubwürdig.

Wer sagt, Kauders Anmaßung sei »für jeden Vertreter der parlamentarischen Demokratie beschämend«, aber schweigt, wenn ein ganzes Parlament praktisch entmündigt wird, dem geht es nicht um die Sache, sondern auch wieder nur um sich. Haben die, die jetzt ihre Rechte bedroht sehen, gegen den Griechenland abgepressten Gipfel-Deal eingewandt, dass damit das Athener Parlament genötigt wird, für praktisch jede Gesetzgebung erst die Erlaubnis der Gläubiger einzuholen? Wenn es um ihre »deutsche Demokratie« geht, reagieren sie empfindlich. Wenn es um die in Griechenland geht, sind die »Abweichler« in der Union keine.

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