Kraftakt mit 4000 Wohnungen

Finanzsenator Kollatz-Ahnen über Neubau, Förderung und den Mietenvolksentscheid

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit 200 Millionen Euro will der Senat künftig günstige Mieten fördern. Mehr geht nicht, sagt der Finanzsenator.

Der Senat lässt sich nicht beirren: »Wenn wir preiswerten Wohnraum schaffen wollen, kommen wir um Neubau nicht herum«, sagt Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). Den obersten Kassenwart Berlins nerven insbesondere die Einlassungen der Opposition, dass Wohnungen vor allem als Eigentum oder im gehobenen Preissegment entstehen. Insbesondere Linksfraktionschef Udo Wolf wird nicht müde zu betonen, dass »nicht jede neue Wohnung auch eine gute« sei. Und die bisher geplanten 1000 geförderten Wohnungen mit Mieten von im Schnitt 6,50 Euro pro Quadratmeter seien viel zu wenige.

Der Senat hat reagiert, immerhin sitzt ihm der Mietenvolksentscheid im Nacken. Die Zahl der geförderten Wohnungen soll im kommenden Jahr auf 2500, ab 2017 dann auf 3000 jährlich steigen. Rund 200 Millionen Euro pro Jahr will er dafür zur Verfügung stellen, bisher waren es 64 Millionen. Weil die Mieten in den Sozialwohnungen nicht für jeden erschwinglich sind, zumal sie alle zwei Jahre um 13 Cent, in den neuen um 20 Cent erhöht werden, will der Senat sie kappen, sobald sie 30 Prozent der Nettokaltmiete übersteigen. »Dafür werden wir jährlich 30 Millionen Euro einsetzen«, sagt Kollatz-Ahnen dem »nd«. Allein bei privaten Vermietern würden davon 20 000 Haushalte profitieren.

Forderungen der Linkspartei und des Bündnisses Mietenvolksbegehren, Wohnungen auch für 5,50 Euro pro Quadratmeter oder weniger zu vermieten, weist der Senator zurück. Das würde dann auch besser situierten Mietern zu gute kommen. Schon jetzt sei die Förderung des Wohnungsbaus ein Kraftakt und nur durch die Haushaltkonsolidierung möglich. »Für Förderung und die Kappung der Mieten setzen wir in fünf Jahren 1,2 Milliarden Euro ein. In der Vergangenheit wäre das nicht möglich gewesen.«

Da sich private Investoren zurückhalten, werden die geförderten Wohnungen vor allem durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften entstehen. Von denen wird aber noch mehr erwartet. Neben 500 Studentenwohnungen sollen sie jährlich weitere 4000 Wohnungen errichten, bei denen die Mieten bei durchschnittlich 8,50 Euro pro Quadratmeter liegen. Für Neubauwohnungen ist das immer noch relativ günstig, private Investoren bauen ab zehn Euro aufwärts. Kollatz-Ahnen glaubt, dass damit die Privaten unter Druck geraten. »Schon wenn 20 Prozent preiswerte Wohnungen auf den Markt kommen, hat das Auswirkungen auf das gesamte Mietniveau.« Hoffnung gibt es auch für modernisierungsgeplagte Mieter. Der Finanzsenator will Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) durch landeseigene ergänzen, um die Mieten zu drücken. Während die KfW bei energetischen Sanierungen Rückzahlungserleichterungen von bis zu 280 000 Euro pro Bauprojekt verspricht, sollen vom Senat weitere 30 000 Euro draufgesattelt werden. Die Förderung soll für etwa 1000 Wohnungen reichen. »Wir wollen für Besitzer kleinerer Bestände einen Anreiz zur Modernisierung schaffen«, so Kollatz-Ahnen.

Mit den Forderungen des Volksentscheids kann sich der Senator weiterhin nicht anfreunden. »Dann können wir den Neubau nicht finanzieren oder müssen woanders kürzen.« Ob es zur Abstimmung kommt, hängt vor allem von der rechtlichen Prüfung des Gesetzentwurfs der Initiative durch den Innensenator ab. Die zieht sich hin. Wie lange es noch dauert, konnte ein Sprecher der Innenverwaltung am Donnerstag nicht sagen. »An uns liegt es jedenfalls nicht, wir haben den Entwurf schon im März eingereicht«, so der Sprecher der Initiative, Rouzbeh Taheri. Er befürchtet, dass der Senat den Entscheid auszubremsen versucht. Wenn die Stellungnahme nicht in den nächsten Tagen kommt, wird es knapp mit einer Abstimmung parallel zur Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2016. Gar nicht funktionieren würde es, wenn der Senat den Entwurf für rechtswidrig erklärt und letztlich das Verfassungsgericht entscheiden müsste. »Dann starten wir das Volksbegehren mit den Korrekturen neu«, so Taheri. »Auf das Verfassungsgericht können wir nicht warten.«

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