Die Kraft der Dolden

Aroniabeeren tun der Leber gut, stärken die Immunkraft und gleichen zu hohen Salzverzehr aus

  • Anke Nussbücker
  • Lesedauer: 4 Min.
Derzeit erreichen die Aroniabeeren auf den drei größten Plantagen Deutschlands bei Bautzen, Coswig und in Schöneiche ihre volle Fruchtreife. Sie zu verzehren ist in vielerlei Hinsicht gesund.

Wer für eine gesundheitsbewusste Ernährung nach Vielseitigkeit und Abwechslung strebt, findet gerade am Ende des Sommers vor der eigenen Haustür einen reichhaltigen Schatz heimischer Heilmittel. Verglichen mit Preisel-, Holunder- oder Heidelbeere weist die Aroniabeere den höchsten Gehalt an sogenannten Oligomeren Proanthocyanidinen (OPC) auf. Diese farblosen Pflanzenstoffe mit der Abkürzung OPC sind sonst vor allem aus der Werbung mit Traubenkernextrakt für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt.

Ähnlich dem Vogelbeerbaum hängen Aroniabeeren an Dolden mit bis zu 30 Früchten. Jedoch sind sie im herkömmlichen Sinne keine Beere, sondern zählen zu den Kernobstgewächsen. Schneidet man die circa acht Millimeter große Frucht auf, erinnert sie an einen Apfel. Daher wird sie auch Apfelbeere genannt. Unter der Gattung Aronia, die zur Familie der Rosengewächse gehört, versammeln sich verschiedene Sorten, eine besonders große und vergleichsweise süße Sorte ist die Aronia prunifolia.

Während die ursprüngliche Heimat der Aroniabeeren der östliche Teil Kanadas ist, begannen die klinische Erforschung der Gesundheitswirkungen sowie die erste obstbauliche Nutzung in der Sowjetunion. Anfang des 20. Jahrhunderts kreuzte der russische Züchter Iwan Wladimirowitsch Mitschurin die Apfelbeere mit der Vogelbeere (Eberesche) und einer in der Türkei beheimateten Mispel. Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Apfelbeere zuerst im Altai-Kreis, später in der Gegend des damaligen Leningrads, in Moldawien, Weißrussland und in der Ukraine gepflanzt. In der DDR entstand 1976 die erste Aronia-Plantage in der LPG »Berglandobst«, die heute zum »Obsthof Stolle« im sächsischen Schirgiswalde gehört.

In der gleichen Weise wie Heidel- oder Holunderbeere wartet die Aroniabeere mit einem hohen Gehalt der Vitamine B2, B9 (Folsäure), C, E und K sowie roter und blauer Anthocyane auf. Die Anthocyankonzentration übertrifft die von Holunder- und schwarzer Johannisbeere und ist für die Nutzbarkeit der Vitamine im menschlichen Körper von hohem Wert, weil dort verbrauchtes Vitamin C von diesen sekundären Pflanzenstoffen wieder erneuert werden kann. Im Durchschnitt finden sich je 3,5 Gramm Fruchtzucker und Traubenzucker sowie sieben Gramm Sorbit in 100 Gramm frischen Aroniabeeren. Die genannten Oligomeren Proanthocyanidine (OPC) sind für den pelzigen Geschmack verantwortlich. Aber gerade ihnen schreibt man präventive Wirkung gegen Krebs zu. Weil die Inhaltsstoffe der Aroniabeere beitragen, das Immunsystem aufzubauen, können ihr Saft und die getrockneten Beeren auch während einer Chemotherapie oder zur Stärkung vor und nach einer Krebsoperation unterstützend helfen. Besonders die OPC und die farbenfrohen Anthocyane können bestimmte Gene und Enzyme, die eine Zellwucherung bewirken, regelrecht ausschalten. Wenn während einer Chemotherapie Krebszellen absterben, werden dadurch auch die Inhaltsstoffe von Zellkernen, die Purine und ihr Abbauprodukt Harnsäure vermehrt frei, die anschließend von der Niere ausgeschieden werden müssen. Hier hilft ebenfalls die Aronia, die antientzündlich auf das Nierengewebe wirkt und die Niere bei der Ausschwemmung von Schwermetallen, Stoffwechselendprodukten und letztlich der Chemotherapeutika selbst unterstützt.

Den frischen sowie getrockneten Beeren ist dabei der Vorzug zu geben, da hier die Kraft der Rohkost am besten genutzt werden kann und die Vitamine weitgehend erhalten bleiben. Aber auch bei einer Kombination von getrockneten Beeren mit dem Saft, der meistens hitzebehandelt verkauft wird, kommt die besondere Wirkung als Rohkost zum Tragen.

Wie in Rotwein sorgen im Saft der Aroniabeeren sogenannte Tannine für den herben süßsäuerlichen Geschmack. Der Vorteil von Aroniasaft gegenüber Rotwein besteht nicht nur in dem fehlenden Alkoholgehalt, der dem Körper bei täglichem Genuss wichtige Mineralstoffe wie z.B. Magnesium entzieht und auf diese Weise zu Muskelkrämpfen führt. Der Nachteil der meisten Weine liegt auch darin begründet, dass sie geschwefelt sind. Häufige Schwefelaufnahme wiederum bringt ein Ungleichgewicht zwischen den Elementen Selen und Schwefel mit sich. Ist der Körper mit Selen unterversorgt, kann dies ebenso das Immunsystem schwächen und einen Risikofaktor für die Krebsentstehung darstellen. Ein Gläschen Aroniasaft regt die Leber- und Gallenfunktion besser an als ein Likör oder Aperitif. Für einen Smoothie, gemixt mit einigen Chicorée-Blättern, bedankt sich die Bauchspeicheldrüse.

Getrocknete Aroniabeeren können bei Durchfall helfen. Wird zu wenig getrunken, können die getrockneten Beeren verstopfend wirken. Aroniabeeren, zusammen mit ausreichend Flüssigkeit verzehrt, regen u.a. durch ihren hohen Sorbitgehalt den Stuhlgang an. Das Herz-Kreislauf-System profitiert ebenfalls vom regelmäßigen Aronia-Genuss, der einen übermäßigen Salzverzehr bis zu einem gewissen Maße ausgleichen kann. Die Durchblutung von Armen und Beinen, die nach jahrelangem, unzureichend behandelten Bluthochdruck in Mitleidenschaft gezogen ist, wird mit Hilfe von Aroniasaft verbessert.

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