Zeitalter der Aufklärung

MEINE SICHT

Was junge Menschen in Berlin erleben und erleiden müssen, weil sie sind wie sie sind, ist nach dem, was die Opferberatungsstelle ReachOut in ihrer neuesten Broschüre zusammengestellt hat, erschütternd und unerträglich.

Im Moment scheinen zwei Pole die öffentliche Wahrnehmung zu beherrschen. Einmal ist da die überwältigende Hilfsbereitschaft der Menschen, die sich in den bezirklichen Initiativen für Geflüchtete engagieren. Auf der anderen Seite die nahezu täglichen Meldungen, so auch in der heutigen Ausgabe, zu Übergriffen auf Menschen, die hier Schutz und vielleicht eine neue Heimat suchen und finden wollen. Alles gehört zu dieser Stadt, die gerade von heute auf morgen erwachsen werden muss. Diskussionen über lärmende Partytouristen und ob die Stadt nun noch hip oder schon wieder 90er ist, sind mittlerweile weit weg.

Dass inzwischen Menschen belächelt werden, die mit Fähnchen oder Luftballons Flüchtlinge bei ihrer Ankunft am Bahnhof begrüßen, zeigt, wie schnell hier vom Sofa aus geurteilt und verachtet wird. Umso wichtiger ist es, dass sich gerade da, wo gegen Vorurteile und Rassismen noch argumentiert werden kann, also in der Schule, engagierte Menschen finden, die das übernehmen. In Berlin gibt es genug Programme wie »Heroes«, das sich mit der Lebenswelt von jungen Muslimen in der Stadt beschäftigt, die an Schulen Debatten moderieren könnten. Oder das »Fairplayer Manual«, das sich mit Mobbing an Schulen beschäftigt. Da sind die Lehrer und Schulleitungen gefragt, von denen ohne Zweifel eine Menge engagiert sind. Viel zu oft aber laufen Willkommensklassen noch parallel zum »normalen« Schulbetrieb, sind Klassenräume abseitig eingerichtet. Ja, der Raummangel. Quereinsteiger, die jetzt vielfach in Willkommensklassen unterrichten, werden dann noch als Kollegen zweiter Klasse behandelt. Hier gilt es noch viel Aufklärung zu leisten, nicht nur bei den Schülerinnen und Schülern.

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