Kriegsspiel um's Trinkwasser

Größte NATO-Übung seit Jahren begann - Bündnis hat Afrika im Blick

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die NATO hat ihre größte Militärübung seit Ende des Kalten Krieges gestartet. Ziel von »Trident Juncture« ist, die schnelle Eingreiftruppe samt Speerspitze fit zu machen für variable Einsätze.

Rund 36 000 Soldaten aus allen Mitgliedstaaten des westlichen Bündnisses sowie aus sieben Partnerländern sollen bis zum 6. November an dem Manöver »Trident Juncture« teilnehmen. Es findet in Italien, Spanien und Portugal sowie in den angrenzenden Seegebieten des Atlantik und des Mittelmeeres statt. Aufgeboten sind über 130 Flugzeuge sowie 60 Schiffe und Boote. Geleitet wird das Manöver, das in mehreren Abschnitten durchgeführt wird, von dem deutschen General Hans-Lothar Domröse, dem Befehlshaber des NATO-Joint-Force-Command (JWC) im belgischen Brunssum.

Doch die Bundeswehr hat mehr als einen General aufgeboten. Sie ist mit rund 3000 Soldaten verschiedenster Waffengattungen beim Manöver dabei. Dazu gehören ein Gefechtsverband der Gebirgstruppe, amphibische Pioniere, zwei Fregatten, ein Einsatzgruppenversorger, Lufttransport- und Luftbetankungskapazitäten, Experten der elektronischen Kriegsführung sowie Unterstützungskräfte der Streitkräftebasis und ein Rettungszentrum.

NATO-Übungen haben in diesem Jahr Konjunktur. Ursache sei die von Moskau initiierte Ukraine-Krise, hört man. Vor allem am östlichen Bündnisrand sind Soldaten aus NATO-Staaten zu treffen - in Litauen, Estland, Lettland, aber auch in Polen sollen sie in Richtung Russland Einsatzbereitschaft signalisieren. Das tat auch die neue von Deutschland und den Niederlanden beschickte NATO-Speerspitze - mit offiziellem Namen heißt sie Very High Readiness Taskforce - jüngst erst in Polen. Nun jedoch lässt man die verbündeten Eingreifbataillone am anderen Ende des Bündnisgebietes üben. Warum?

Weil die NATO - was immer man propagandistisch auch verkünden mag - die eigentliche Bedrohung offenkundig nicht aus dem Osten erwartet. Ein wichtiges Übungsszenario geht von einem Konflikt zwischen den fiktiven afrikanischen Ländern aus. Angreifer aus »Kamon« dringen in das Nachbarland »Lakuta« ein, vertreiben die Bevölkerung. Ein drittes Land namens »Tytan« ist involviert.

Commander Tristan Lovering vom JWC schildert, wie der Kampf um Trinkwasser den Konflikt in der Region »Cerasia« anheizt. Das Gebiet leidet unter Wüstenbildung, der Boden trocknet aus, Hunger ist die Folge. Die Angreifer haben es auf wichtige Staudämme in »Lakuta« abgesehen. Es gibt Flüchtlingskrisen und den Ausbruch von Seuchen nach Ebola-Art. Zudem bedrohen Piraten Schiffe, die Handelswege nach Europa werden attackiert, der regionale Konflikt droht zu eskalieren. Es gibt Cyberattacken, chemische Waffen werden eingesetzt, der Propagandakrieg läuft auf Hochtouren. Unwillkürlich denkt man an Somalia, an Sudan und Südsudan, an Syrien... Man kann dem westlichen Militärbündnis sicher mancherlei vorwerfen - mangelnden Realitätssinn jedoch nicht. Im Verlauf der Übung wird ein Einsatz außerhalb des Bündnisgebietes geplant.

Trotz der Übung, die auf Afrika abzielt, wird der Osten des Bündnisgebietes aber nicht vernachlässigt. Derzeit baut die NATO ein Kompetenz- und Schulungszentrum für Spionage- und Terrorismusabwehr in Polen auf. Es soll Ende des Jahres in Krakau eröffnet werden. Neben neun anderen Staaten macht Deutschland mit.

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