Mord in der Scheune

  • Jeanette Bederke
  • Lesedauer: 3 Min.
Obwohl er im Ruhestand ist, lassen den ehemaligen Kriminaltechniker Wolfgang Raeke Mord und Totschlag nicht los. Tatort ist inzwischen eine Scheune in Treplin.

Wolfgang Raeke kommt von seinem früheren Beruf einfach nicht los. Bevor er in den Ruhestand trat, war er 40 Jahre lang als Kriminalist und Kriminaltechniker in spannende Ermittlungen involviert. »20 Jahre arbeitete ich in der DDR und genauso lang im wiedervereinten Deutschland«, erzählt er. Im Frankfurter Polizeipräsidium war der 62-Jährige unter anderem für das Erstellen von Phantomzeichnungen zuständig. Von seinen Erlebnissen und nach wie vor guten Kontakten profitiert eine treue Fangemeinde.

Denn regelmäßig macht Raeke die 100 Plätze bietende Amtsscheune von Treplin bei Frankfurt (Oder) zur Krimi-Scheune. Er gewinnt Gerichtsmediziner, Experten des Landeskriminalamtes sowie Autoren von Sachbüchern als Referenten. Diese geben Einblicke in die kriminalistische Ermittlungsarbeit oder sprechen über spektakuläre Kriminalfälle der vergangenen Jahrzehnte. Im November soll es in der Scheune um Morduntersuchungen in der DDR gehen.

»Interessierte Bürger bekommen in der Krimi-Scheune authentische Einblicke in die Arbeit der Kriminalisten - was man sonst nur aus dem Fernsehen kennt«, sagt Petra Thoben, Vizechefin des Trepliner Dorfentwicklungsvereins »Glück auf '98«. »Die Krimischeune ist unser absolutes Zugpferd. Da kommen Gäste selbst aus Berlin und so wird Treplin auch außerhalb der Gemeinde bekannt«, lobt sie.

Der 62-jährige Ex-Kollege leiste mit seinem Ehrenamt wertvolle Dienste bei der Aufklärung der Bevölkerung in Sachen Kriminalitätsbekämpfung, sagt der Sprecher der Polizeidirektion Ost, Ingo Heese. »Deswegen bekommt Raeke von uns auch jede Unterstützung, beispielsweise bei der Gewinnung von Referenten.«

In dem 400 Einwohner zählenden Ort möchte der umtriebige Ruheständler auch noch ein Kriminalmuseum einrichten. Es soll in der ersten Etage der Amtsscheune entstehen, noch aber fehlt der Gemeinde Geld für den Ausbau. In dem Museum will Raeke seine Sammlung mit Kriminaltechnik aus sieben Ländern zeigen. Herzstück ist ein amerikanischer Lügendetektor - mit Gurten, Sensoren und Fingerelektroden für die Messung von Atemfrequenz, Blutdruck und Puls.

»Die Sache funktioniert aber nicht«, ist Raeke überzeugt. Erregung aus Empörung und Angst lässt sich seiner Ansicht nach aufgrund der gemessen Werte nicht unterscheiden. Deswegen sei der Lügendetektor in Europa auch nicht als Beweismittel zugelassen, sagt der Experte, der Beispiele gesammelt hat, in denen das Gerät in den USA zu falschen Verdächtigungen führte. Ein weiteres Sammlerstück ist ein sogenanntes ABV-Besteck, ein Kästchen unter anderem mit Pinsel, Schere und Eisenpulver. »Das hatten die Abschnittsbevollmächtigten der Volkspolizei zu DDR-Zeiten bei sich, um Spuren beispielsweise bei Kellereinbrüchen und ähnlichen Delikten zu sichern«, erläutert Raeke.

Zu den Exponaten gehört außerdem die zu ihrer Zeit kleinste Spiegelreflexkamera »Tessina«, die in eine Zigarettenschachtel passte und bis zur Einführung der Digitaltechnik von Spezialeinheiten weltweit verwendet wurde. dpa

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