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Auf immer und ewig

Kathrin Schärers Fabel über den Traum - und Fluch - der Unsterblichkeit

  • Mathias Runitz
  • Lesedauer: 2 Min.

Sich so unbefangen wie ein Vorschulkind ins Leben zu stürzen, wer wollte das nicht auch noch einmal? Keiner wünscht so einem ungestümen Welteroberer, dass er allzu früh mit dem Tod konfrontiert werde. Doch die Erfahrung, dass überall, wo ein Anfang ist, auch ein Ende lauert, bleibt auf Dauer nicht aus.


Kathrin Schärer: Der Tod auf dem Apfelbaum.
Atlantis beim Orell Füssli Verlag. 36 S., geb., 14,95 €.


Kathrin Schärer hat ein leichtfüßiges Buch geschaffen über den alten Wunsch, unsterblich zu sein - ein Wunsch übrigens, dessen Erfüllung die Wissenschaft immer näher kommt. Schärer, die ihre Fabel selbst illustriert hat, erzählt von einem alten Fuchs, vor dem sich niemand mehr fürchtet. Die Äpfel werden ihm von den Vögeln wegstibitzt, bis er hungern muss. Aber einmal geht ihm ein Tier in die Falle: ein Wiesel, das um Gnade fleht. Die gewährt ihm der Fuchs, denn das Wiesel kann zaubern und erfüllt ihm einen Wunsch.

So wirbelig-wuschelig, wie Kathrin Schärers Bilder sind, so poetisch ist ihre Sprache. Und so »wispert und summt und fistelt und brummt« das Zaubertier, »es zischelt und mischelt Blätter und Äste wirbelnd durch die Luft« - bis es den Willen des Fuchses erfüllt hat, dass fortan alle Räuber kleben bleiben in »seinem« Apfelbaum. Als dann der Tod kommt, um den listigen Fuchs zu holen, bittet der um einen letzten Apfel. Also steigt der Tod in den Baum - und bleibt kleben.

So wird der Fuchs unsterblich, sieht seine Kinder alt werden, seine Freunde sterben. Er selbst darf, muss bleiben, »auf immer und ewig«, wird gebrechlich darüber und gram. Wie es ausgeht, verraten wir nicht. Nur das Zitat des Palliativmediziners Gian Domenico Borasio, das dem Buch vorangestellt ist, sei noch erwähnt: »Menschen«, heißt es da, »suchen immer nach Sicherheit. Aber die einzige Sicherheit im Leben ist, dass wir sterben werden. Da könnte es doch hilfreich sein, das Leben aus der Perspektive dieser einen Sicherheit zu betrachten.«

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