El Niño vermiest Äthiopien die Ernte

Anhaltende Dürren bringen das nordostafrikanische Land in Nahrungsmittelnotlage

  • Anne Gonschorek
  • Lesedauer: 3 Min.
Äthiopiens Landwirtschaft wächst. Doch die Auswirkungen des Wetterphänomens El Niño führen trotzdem Hunger. Nach anhaltenden Dürren stecken 8,2 Millionen Menschen in der Nahrungsmittelkrise.

Äthiopien leidet unter der schlimmsten Dürre in drei Jahrzehnten, berichten die Vereinten Nationen. Die Ausmaße des Bedarfs in allen humanitären Bereichen haben bereits jetzt die der Dürre im Jahr 2011 überschritten. Aufgrund des fehlenden Regens im Osten Äthiopiens, der Saison um Saison einfach ausblieb, sind die drastisch reduzierten Ernten kaum noch ausreichend, um die Viehherden zu füttern.

Die Dürrekrise hat 8,2 Millionen der insgesamt 96 Millionen Äthiopier in die Abhängigkeit von Hilfsprogrammen gebracht. Und selbst diese Zahl könnte sich im nächsten Jahr verdoppeln, weil sich die Auswirkungen El Niños noch lange weiter zeigen.

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Büros der Vereinten Nationen zur Koordinierung der humanitären Hilfe (UNOCHA) erklärte, wie die Ankunft des Wetterphänomens El Niños die Effekte der fehlenden Frühlingsregen noch verstärke und zudem die Sommerregen abschwächt. »Dies verstärkte die Nahrungsmittelunsicherheit ungemein, führte zu Unterernährung und zerstörte die Lebensgrundlagen in sechs Regionen des Landes«, heißt es in dem UNOCHA-Bericht.

Hilfskräfte glauben, dass die derzeitige äthiopische Regierung, die nach 25 Jahren an der Macht inzwischen an Krisenmanagement gewöhnt ist, das schlimmste verhindern wird. Offiziell wurde angekündigt, dass sie 192 Millionen Dollar (175 Millionen Euro/190 Millionen Franken) in Hilfsmaßnahmen stecken würde. Die Regierung wird dafür gelobt, wie viel sie bereits für die Verminderung der Armut, also für die Verbesserung der Wasserversorgung, die Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft und die Infrastruktur getan hat. Der Landwirtschaftssektor macht immerhin fast 80 Prozent der arbeitenden Bevölkerung aus.

Das Hauptaugenmerk der Regierung hat deshalb darauf gelegen, Kleinbetriebe zu beraten und sie mit Saatgut und Dünger zu versorgen. In den vergangenen fünf Jahren hat sie sich außerdem bemüht, das Großbauerntum zu fördern, welches allerdings bis jetzt noch nicht maßgeblich zur Nahrungsmittelproduktion beigetragen hat. Diese Bemühungen haben laut dem Finanzministerium dazu beigetragen, dass die landwirtschaftliche Produktion seit 2010 um 6,6 Prozent jährlich gewachsen ist. Doch noch immer leben viele Äthiopier in schwerer Armut.

Die Ausmaße der akuten Krise werfen Fragen auf, warum Äthiopien trotz des von der Landwirtschaft geprägten Wirtschaftswachstums und jahrzehntelanger Spenden noch immer auf Hilfe angewiesen ist. Denn obwohl die Armutsrate laut dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen von 39 Prozent 2005 auf 26 Prozent 2013 gesunken ist, blieb die tatsächliche Anzahl der Menschen in extremer Armut aufgrund des Bevölkerungswachstums mit 25 Millionen etwa gleich.

Das Finanzministerium kündigte an, dass die Wirtschaft weiter um zehn Prozent wachsen wird. Gleichzeitig kündigte die Regierung aber an, dass für die derzeitige Krise Hilfsgelder von insgesamt 340 Millionen Dollar - nur für den Rest des Jahres - benötigt werden. Von Selbstständigkeit ist Äthiopien also noch weit entfernt. »Die Herausforderungen sind unwahrscheinlich ernst und es wird die gemeinsamen Bemühungen der gesamten internationalen Gemeinschaft brauchen, um die Regierung dabei zu unterstützen, die schlimmsten Auswirkungen El Niños zu verhindern«, sagte John Aylieff vom Welternährungsprogramm.

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