Leiden und Leidenlassen

Uwe Kalbe über das nun beschlossene Gesetz zur Sterbehilfe

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 1 Min.

Was ist geschäftsmäßige Suizidhilfe? Kein Phänomen jedenfalls, das in Deutschland zu moralisch ähnlich verwerflicher Gewöhnung ans Sterben geführt hätte wie etwa die Debatte über Kriege. Schon der Begriff Kollateralschäden bliebe jedem Disputanten im Halse stecken, wenn es um die letzte Hilfe für Todkranke geht. Doch um angeblich drohender gewinnmotivierter Sterbehilfe vorzubeugen, ist das Gesetz entstanden, das der Bundestag nun beschlossen hat. Es handelt sich um die moralisch begründete Verschärfung einer Strafandrohung. Auch jetzt schon ist Sterbenlassen ohne deutlich signalisierten Willen des Patienten eine Straftat. Schon jetzt ist es nicht nur für Betroffene, sondern auch für mit dem Leiden konfrontierte Angehörige und Freunde eine Grenzerfahrung, die nur mit Hilfe erfahrener, von Strafandrohungen unbehelligter Ärzte zu bewältigen ist.

Dabei ist massenhaftes Leiden ein intimer Begleiter unserer alternden Gesellschaft, die Konsequenzen zu bedenken zweifellos Aufgabe auch des Gesetzgebers. Mit dem Hospizgesetz ist dies geschehen, wenn auch nicht in der notwendigen Konsequenz. So kann man die Freiheit, die die Fraktionen ihren Abgeordneten bei der Behandlung des Themas Sterbehilfe einräumten, noch als das beste Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens ansehen. Als ein seltenes Beispiel von selbstbestimmter Meinungsbildung im Parlament. Der Freiheit letzte Konsequenz, die freie Verfügung über das eigene Leben, wird mit dem Gesetz eher beschnitten.

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