Texte wie Rettungsseile

John Trudell gestorben

  • Thomas Grossman
  • Lesedauer: 2 Min.

John Trudell war ein engagierter junger Indianer - sein Vater ein Santee-Dakota und seine Mutter Indianerin aus Mexiko -, als er 1969 mit anderen amerikanischen Ureinwohnern die berüchtigte Gefängnisinsel Alcatraz vor San Francisco besetzte. 19 Monate lang beanspruchten die »Indianer aller Stämme« die Insel. Trudell wurde ihr Sprecher und führte auch ihre Sendung »Radio Free Alcatraz«.

Dann, im Februar 1973, besetzten viele Indianer, unter ihnen Trudell, ebenfalls spektakulär Wounded Knee in der Pine Ridge Reservation (South Dakota). 71 Tage lang trotzten sie bewaffnet dem FBI. John Trudell war in diesen Wochen, so ein Experte, »der eloquenteste Sprecher dieser Bewegung«. Kein Wunder, das er danach zum Nationalen Vorsitzenden der kämpferischen Organisation »American Indian Movement« aufstieg.

1979 wusch Trudell dann vor dem FBI-Hauptquartier in Washington die USA-Fahne, weil sie - so wie die Regierung die Indianer behandelte - »entweiht war«. Am nächsten Tag brannte sein Haus in Nevada nieder! Das Feuer tötete seine schwangere Frau und ihre gemeinsamen drei Kinder. Eine Ermittlung erklärte den Brand zu einem Unfall, doch viele glaubten dem nicht. »Das hat mich zorniger gemacht, als ich ohnehin schon war«, so erklärte Trudell später der »New York Times«. Fünf Jahre lang fuhr er mit seinem Auto kreuz und quer durch die USA.

Und er entdeckte das Schreiben: »Meine Texte waren für mich wie Rettungsseile.« Vor allem verfasste er Gedichte - oft auch gegen Konzerne und die Regierung. Er begegnete dem prominenten Rockmusiker Jackson Browne, der sich um ihn kümmerte. Durch ihn kam Trudell auch auf die Idee, seine Texte mit Musik zu begleiten. Zunächst waren das Trommeln und Indianer-Gesänge, später auch Synthesizer und E-Gitarren. Bob Dylan erklärte Trudells Album »A.K.A. Graffiti Man« zur besten Platte des Jahres 1986. Und einige seiner insgesamt 14 Alben verkauften sich über 100 000 Mal.

Am vergangenen Dienstag ist John Trudell in seinem Heim im Santa Clara County (Kalifornien) im Alter von 69 Jahren an Krebs gestorben.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal