Danach lasst uns alle streben

Die Junge Union Bayern will künftig bei jedem offiziellen Anlass die Nationalhymne abspielen

Hier zusammen mit Markus Söder sitzen und die Nationalhymne singen …
Hier zusammen mit Markus Söder sitzen und die Nationalhymne singen …

Sprechen wir die Wahrheit ruhig offen aus: Die Aufzucht unserer Jugend zu aufrechten und funktionstüchtigen Staatsbürgern ist in den vergangenen Jahrzehnten gar nicht gut gelungen. Junge Menschen verwahrlosten zusehends direkt vor unseren Augen: Sie hörten sogenannte Rock- und Diskomusik, bei deren Klang ihre Körper in bizarre Zuckungen verfielen, konsumierten ausländische Drogen, statt zur Entspannung am Samstagabend einen Kasten Bier zu trinken wie normale Leute, und hatten das Interesse an deutschen Tugenden wie Fleiß, Pünktlichkeit, Pflichtgefühl und Ausländeranzünden schon fast ganz verloren.

Disziplin, Zucht und Ordnung waren spätestens zu den Zeiten des sozialistischen Merkel-Regimes zu Fremdworten geworden. Junge Männer begannen, Frauenfrisuren zu tragen und sich für andere Dinge als Maschinenbau und sexuelle Belästigung zu interessieren. Junge Frauen hörten nicht mehr auf Kommandos und lernten nicht mehr, wie sie die Wäsche ihrer Partner zu bügeln haben. Selbst die gute alte traditionsreiche Prügelstrafe an den Schulen, die sich zur Ertüchtigung der Heranwachsenden und der Stählung ihrer Loyalität stets als zweckmäßig erwiesen hatte, war anscheinend hinterrücks abgeschafft worden: Deutschland war schleichend verrückt geworden, doch kaum jemand sprach es aus.

Sind Urinieren und Zahnpflege etwa wichtiger als Deutschland?

Doch jetzt gibt es endlich eine kleine Spur Hoffnung am Horizont. Geht es nach dem Wunsch der Jugendorganisation der CSU, der Jungen Union Bayern, sollen Schulen in Bayern dazu verpflichtet werden, die Nationalhymne und die Bayernhymne bei »besonderen Anlässen« zu spielen. Denn die Nationalhymne sei »Symbol der nationalen Identität, der Zusammengehörigkeit und des Patriotismus und repräsentiert die Nation, ihre Geschichte, ihre Werte und ihren Stolz«, so ließ die CSU-Jugend wissen.

Ein lobenswerter Vorstoß: Nationale Identität! Patriotismus! Zusammengehörigkeitsgefühl im Volk! Nationalstolz! Wie haben wir das vermisst in den vergangenen Jahren! Das sind seit den schönen 30er und 40er Jahren vergessene Geisteshaltungen und Tugenden, die dringend wiederbelebt werden müssen. Nation, Volk, Stolz! Goldene Wörter, die wie Balsam sind in unserer ideologisch ausgetrockneten Dürrezeit, in der Rohrstock und Rassebewusstsein viel zu lange durch Netflix und Nachhaltigkeitsquatsch verdrängt worden sind.

Allerdings zeigt sich auch hier – wie immer bei den Unionsparteien, wenn sie ihr in den dunklen Merkeljahren nahezu bis zur Unkenntlichkeit verkümmertes, ja regelrecht verzwergtes Deutschtum abrufen –, dass das Handeln zu zaghaft, die politische Vision zu matt und kraftlos ist: Warum soll nur zu »gesellschaftlich relevanten« Anlässen (»Schulabschlüsse«, »Zeugnisvergabe«) das Deutschlandlied beziehungsweise die Bayernhymne angestimmt werden? Und warum nur von Schülerinnen und Schülern? Welche Sorte versteckter deutscher Selbsthass hat sich hier schon wieder durch die Hintertür eingeschlichen? Ein tägliches schneidiges Schmettern der Hymne kurz nach dem morgendlichen Erwachen und kurz vor dem abendlichen Zubettgehen hat bisher noch keinem geschadet.

Auch vor und nach den Mahlzeiten sollte es für einen patriotischen Bürger unseres Landes keine allzu große Anstrengung darstellen, sich jeweils läppische zweieinhalb Minuten lang lautstark zu seiner Nation und seinem Volk zu bekennen. Man putzt sich schließlich auch dreimal am Tag die Zähne und sucht mehrfach die Toilette auf. Sind Urinieren und Zahnpflege etwa wichtiger als Deutschland?

Die gute Kolumne

Thomas Blum ist grundsätzlich nicht einverstanden mit der herrschenden sogenannten Realität. Vorerst wird er sie nicht ändern können, aber er kann sie zurechtweisen, sie ermahnen oder ihr, wenn es nötig wird, auch mal eins überziehen. Damit das Schlechte den Rückzug antritt. Wir sind mit seinem Kampf gegen die Realität solidarisch. Daher erscheint fortan montags an dieser Stelle »Die gute Kolumne«. Nur die beste Qualität für die besten Leser*innen! Die gesammelten Texte sind zu finden unter: dasnd.de/diegute

Weitere geeignete Anlässe zum Absingen unserer Hymne könnten sein: die Beendigung des morgendlichen Körperpflegerituals, das Aufbrechen zum Arbeitsplatz (auch wer nur von der Küche ins heimische Arbeitszimmer oder an den Schreibtisch geht, sollte genug Zeit finden für das Ausleben seines gesunden Nationalgefühls), die Mittagspause, der Feierabend, die Rückkehr nach Hause, das Zubettbringen der Kinder (es muss nicht immer eine fade Gutenachtgeschichte sein, und das gemeinschaftliche familiäre Singen kräftigt langfristig nicht nur unsere nationale Identität, sondern auch die Lungen) und, nicht zu vergessen, der erfolgreiche Vollzug und Abschluss des Beischlafs. Nach dem geglückten Geschlechtsverkehr schwungvoll gemeinsam »Blüh’ im Glanze dieses Glückes, blühe, deutsches Vaterland!« zu intonieren, sollte, wenigstens in gesunden Deutschen, eine feierliche Gemütsbewegung auslösen, die einen Kraft schöpfen lässt für den nächsten Tag.

Die von vielen Staatsbürgern empfundene Dringlichkeit, sich täglich geräuschvoll zu ihrer nationalen Identität zu bekennen – das tief in ihnen rumorende Deutschtum sachgerecht abzuführen, wenn es sie drückt, sozusagen lustvoll das große Deutschlandgeschäft zu verrichten –, ist vor und in der Ära des linksgrünen Merkel-Regimes sträflich missachtet worden. Gläubige Muslime beten fünfmal am Tag, da sollte unsereins es doch ohne Weiteres auf zehn- bis zwanzigmal Nationalhymne bringen. Wahre Patrioten begreifen derlei nicht als lästige Pflichtübung, sondern als immer wieder aufs Neue geschenkten Moment der Freude, weil sie bei jedem einzelnen Absingen des Deutschlandlieds einen »besonderen Gänsehautmoment« (Anna Stolz, bayerische Kultusministerin) erleben dürfen.

Ich bin mir nicht sicher, ob in einer besseren Zukunft von der Politik nicht noch weit mehr Gelegenheiten geschaffen werden sollten, mit Pathos aufgeladene Bekenntnisse zur deutschen Nation abzulegen. Das Absingen der Hymne hilft gewiss auch gegen Faschisierung, Weltkrieg und Klimawandel.

Sicher ist jedenfalls: Der Name der bayerischen Kultusministerin passt ganz hervorragend in unsere Zeit.

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