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Durch Untiefen navigiert

Christian Görke will mit seinem Team zwei weitere Jahre die LINKE-Landesspitze bilden

Der Parteichef, drei seiner vier Stellvertreter, die Landesgeschäftsführerin und der Schatzmeister sollen im März in ihren Ämtern bestätigt werden - so der Plan des Vorsitzenden Christian Görke.

st Finanzminister Christian Görke (LINKE) wirklich nur ein Leichtmatrose oder nicht doch ein vollwertiger Seemann? Obwohl Brandenburg gar keinen Zugang zum Meer hat, attackierte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) seinen Kabinettskollegen mit maritimen Vergleichen – und der keilte zurück.

Währenddessen navigierte die märkische LINKE mehr als ein Jahr lang durch etliche Untiefen und erreicht nun wieder offene See. Dabei gelang es Brandenburg im Gegensatz zu Berlin, zehntausende Flüchtlinge einigermaßen menschenwürdig unterzubringen. Inzwischen muss hier kein Asylbewerber mehr in Zelten schlafen und nur ganz wenige Turnhallen sind mit Flüchtlingen belegt.

«Mit kluger Finanzpolitik haben wir geschafft, das alles nicht nur zu bezahlen, sondern neue Chancen für das Land zu eröffnen», sagt Görke. Wenn die LINKE bei einem Landesparteitag am 5. und 6. März in Templin turnusgemäß ihren Vorstand wählt, will sich Görke um zunächst zwei weitere Jahre als Vorsitzender bewerben. Das sagt er am Freitag exklusiv dem «nd». Am Abend sollte dies in Potsdam in einer Sitzung des aktuellen Landesvorstands mit den Kreisvorsitzenden beredet werden. Natürlich hatte es dazu parteiintern schon Vorgespräche gegeben.

«Ich will das, was wir angefangen haben, erfolgreich zu Ende bringen», erklärt Görke, «diese Partei selbstbewusst, mutig und schlagkräftig in die nächsten Auseinandersetzungen führen – und die werden hart.»

Bei der Landtagswahl im September 2014 war die LINKE von 27,2 auf 18,6 Prozent abgestürzt. Zuletzt ist die Partei in Umfragen bei 19 und 20 Prozent gesehen worden – und kann damit im Moment durchaus zufrieden sein. Es gab die ernstzunehmende Befürchtung, durch den asylfreundlichen Kurs – zu dem es für Sozialisten keine Alternative geben konnte und sollte – noch bis zu drei Prozent abzurutschen.

In einer insgesamt schwierigen Situation hat die LINKE in der rot-roten Koalition dafür gesorgt, dass die Standards für Flüchtlinge verbessert werden, dass es beispielsweise mehr Sozialarbeiter für ihre Betreuung geben soll. Die LINKE setzte auch durch, dass sich Brandenburg im Bundesrat bei der Abstimmung über die Verschärfung des Asylrechts der Stimme enthielt und die Einstufung zusätzlicher Herkunftsländer als angeblich sicher nicht absegnete.

«Es ist uns gelungen, nach der Wahlschlappe die Partei zu stabilisieren und wieder aufzurichten», freut sich Görke. «Ich habe festgestellt, dass nach dem ernüchternden Ergebnis viele mitgezogen haben. Wir haben uns gerappelt. Das wird auch von vielen Mitgliedern und Beobachtern anerkannt. Bevor wir in den Bundestagswahlkampf einsteigen, geht es jetzt darum, unsere Mannschaft noch einmal neu zu motivieren.»

Als Ziel gibt Görke aus: Bei der Bundestagswahl 2017 soll die märkische LINKE mehr als 300 000 Stimmen einfahren, erneut fünf Mandate erringen und «vielleicht» auch wieder einen der vier Wahlkreise gewinnen, die 2013 verloren gegangen sind. «Das wird nicht einfach, aber da bin ich Sportler genug», sagt Görke, der von Beruf Lehrer für Sport und Geschichte ist.

Die Profilierung der LINKEN gelinge, stellt er fest. In die gewünschte Einrichtung von Gemeinschaftsschulen, die in Brandenburg unter dem Namen Schulzentren laufen, kommt gerade Bewegung. Görke kündigt an, dass die Regierung vorhabe, rund 24 Millionen Euro in diese Schulzentren zu investieren, um längeres gemeinsames Lernen auch baulich möglich zu machen. Im Nachhinein sieht sich der Vorsitzende in dem Entschluss bestätigt, die Bundestagsabgeordnete Diana Golze als neue Sozialministerin nach Potsdam geholt zu haben. «Das war der richtige Schachzug. Diana Golze leistet eine hervorragende Arbeit, schwärmt Görke.

Nach der Wahlniederlage hatte die Parteispitze sich nach Schrecksekunden zu der Ansicht durchgerungen, dass es ein Fehler wäre, jetzt geschlossen zurückzutreten. Dies hätte auch die beabsichtigte Fortführung der rot-roten Koalition torpediert. Nun, da es hoffnungsvolle Ansätze gibt, zeichnen sich keine großen Veränderungen beim Führungspersonal ab. Nuthetals Bürgermeisterin Ute Hustig, der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller und der junge Sebastian Walter sollen stellvertretende Landesvorsitzende bleiben. Für die Vizeregierungssprecherin Gerlinde Krahnert soll als zweite Frau die Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann zur stellvertretenden Vorsitzenden aufrücken. Tackmann ist das früher schon mehrere Jahre lang gewesen. Außerdem sollen Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige und Schatzmeister Ronny Kretschmer in ihren Ämtern bestätigt werden.

Vorgesehen ist jedoch, zur Entlastung Johliges, die seit Herbst im Landtag sitzt, eine hauptamtliche Leiterin der Landesgeschäftsstelle zu installieren. Diese soll zugleich die Funktion einer Pressesprecherin übernehmen.

Andere Bewerber für die Führungsspitze haben sich bis Freitagabend nicht gemeldet, heißt es. Gegenwärtig sieht es nicht danach aus, dass der aktuelle Landesvorsitzende Konkurrenz bekommen könnte.

Görke hat bei allem Ärger und aller Anstrengung in den zurückliegend anderthalb Jahren das Lachen nicht verlernt. Als Landesgeschäftsführerin Johlige lobt: »Christian Görke ist ein politisches Schwergewicht am Kabinettstisch«, schlägt der 53-Jährige sich schmunzelnd auf den Bauch und sagt: »Allerdings habe ich bei diesem Stress ordentlich abgenommen.«

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