An eine Oma aus Pankow

  • Lesedauer: 2 Min.

Liebe Unbekannte,

ich weiß nicht einmal Ihren Namen, denn auf dem Adresszettel Ihres wundervollen kleinen Päckchens, das mich am Mittwoch in der Redaktion erreichte, ist als Absender nichts anderes vermerkt als »Eine Oma aus Pankow«. Damit mein Wunsch, Ihnen zu danken, trotzdem nicht unerfüllt bleibt, wähle ich den Weg dieses offenen Briefs - um den Preis, dass Ihre Bescheidenheit nicht unter uns bleibt.

Vor einigen Tagen hatte ich in einer Kolumne auf unserer Berlin-Kultur-Seite von den Schwierigkeiten berichtet, in der Innenstadt einen Tannenzapfen aufzutreiben, da - abgesehen von gefällten Weihnachtsbäumen - kaum irgendwo ein Nadelbaum steht. Meine Tochter, schrieb ich, brauche doch aber einen Zapfen, um einen Wichtel daraus zu basteln. Und ihr, der Tochter, gilt nun Ihre Sendung: ein Kästchen voller herrlich harzig duftender, von Ihnen gesammelter Kienäppel, Fichten-, Lärchen- und Tannenzapfen, dazu ein handgefertigter Mini-Nussknacker aus dem Erzgebirge, ein paar Süßigkeiten und ein unglaublich lieber Brief an meine Tochter, die Sie doch gar nicht kennen!

Eine schönere Weihnachtsüberraschung, glaube ich, ist kaum vorstellbar - wie teuer sie auch gewesen sein mag. Wenn ich nicht wüsste, dass es Engel nicht gibt, liebe Oma aus Pankow, ich würde gern glauben, Sie seien einer. Und wäre nicht gerade heute der Tag, an dem man einen Moment lang mit dem Gedanken spielen darf, ein Engel greife zur »sozialistischen Tageszeitung«? »Papas nd«, schreiben Sie zum Schluss, »lese ich seit 1963, heute aber sehr gern«.

Ich wollte nicht warten, bis ich meiner Tochter ihr Päckchen am Abend überreichen kann und habe sie deshalb gleich angerufen und ihr vom kleinen Weihnachtswunder, das Ihre Sendung ist, erzählt. »Krass«, hat sie gesagt, und »danke«. Diesen Dank, verehrte Unbekannte, wollte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben, die das Glück haben, einen so herzenswarmen Menschen um sich zu wissen, ein frohes Fest. Danke, Ihr Martin Hatzius

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