Polen: Zehntausende demonstrieren für Demokratie

Aktionen in 36 Städten unter dem Motto »Zur Verteidigung deiner Freiheit« / Komitee zur Verteidigung der Demokratie mobilisiert gegen rechtes PiS-Regime / Scharfe Kritik an Regierung von Ex-Präsident Walesa

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Berlin. In Polen gehen erneut Zehntausende gegen die Rechtsregierung auf die Straße - es geht ihnen um nichts Geringeres als um die Demokratie. In zahlreichen Städten des Landes waren Aktionen gegen die Einschränkungen demokratischer Rechte und gegen die Zurichtung staatlicher Institutionen durch das PiS-Regime geplant. Zu den Protesten am Samstag in insgesamt 36 Städten unter dem Motto »Zur Verteidigung deiner Freiheit« hatte erneut das »Komitee zur Verteidigung der Demokratie« aufgerufen. Schon in den vergangenen Wochen waren bei Demonstrationen Zehntausende Regierungskritiker mobilisiert worden. Auch in mehreren europäischen Städten sowie in den USA und in Australien sollen an diesem Wochenende Proteste stattfinden.

Polens Ex-Präsident Lech Walesa hat der Rechtsregierung wegen ihrer umstrittenen Justiz- und Medienreformen vorgeworfen, »das Land zu ruinieren«. Mit Blick auf seine eigene Rolle als Chef der Gewerkschaft Solidarnosc während des Falls des Eisernen Vorhangs sagte er am Freitagabend dem TV-Sender TVN24: »Wir haben hart gearbeitet, um die Freiheit zu erreichen. Gerade sind wir dabei, das zu vergeuden.«

Seit ihrem Amtsantritt im Oktober hat die Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts eingeschränkt, die öffentlich-rechtlichen Medien an die kurze Leine gelegt, für einen Elitenaustausch in der Bürokratie nach ihrem Gusto gesorgt. Auch ist eine Zusammenführung der Ämter des Justizministers und Generalstaatsanwalts geplant - die Regierungsgegner eine Aushöhlung des Rechtsstaates und der Gewaltenteilung. Die EU-Kommission leitete deswegen bereits eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit ein.

Für Walesa gibt es keinen Zweifel: »Alle Welt weiß, dass sie die Verfassung verletzt haben, und sie sagen uns frech ins Gesicht, dass das nicht stimme.« Polens Regierungschefin Beata Szydlo hatte sich am Dienstag vor dem EU-Parlament in Straßburg gegen scharfe Kritik aus Brüssel verteidigt. Alle Maßnahmen stünden in Einklang mit der Verfassung und den EU-Verträgen. »Ich habe noch nie eine so dicke Lüge gehört«, sagte Walesa dazu. Agenturen/nd

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