Russland rüstet nach - zu Lande und zu Wasser

»Kawkaz 2016« soll größtes Manöver auch in Bergmassiven werden / Zurück zur Krim-Basis Donuzlaw

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Moskau will nun auch in der Kaukasusregion und im Schwarzen Meer massiv nachrüsten - technisch wie personell.

Mehrere große Manöver sowie strategische Stabsübungen stehen auf dem Dienstplan der russischen Militärs. Die mit Abstand größte Truppenschau soll unter der Bezeichnung »Kawkaz 2016« im August stattfinden. Beim Kampf gegen einen namentlich nicht näher definierten Gegner sollen die Soldaten auf »erschwerte Kampfbedingungen, darunter in Bergmassiven«, vorbereitet werden.

Experten ließ aufhorchen, dass Russlands Präsident und Oberkommandierender, Wladimir Putin, Ende Dezember auf einer Kollegiums-Tagung des Verteidigungsministeriums seinen Strategen ausdrücklich aufgab, bei »Kawkaz 2016« das gleiche Szenario wie 2008 abzuarbeiten. Das stand nur einen Monat vor Beginn des Krieges mit Georgien um dessen abtrünnige Region Südossetien im Kaukasus auf dem Plan. Anders als damals soll jetzt auch das Zusammenwirken aller Waffengattungen und Teilstreitkräfte - Heer, Luftwaffe und Marine - geübt und das Manövergebiet auf das Schwarze und das Kaspische Meer ausgedehnt werden. Rüstet sich Moskau trotz aller gegenteiligen Beteuerungen Putins doch für eine Bodenoperation gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS)?

Militärexperten halten das für wenig wahrscheinlich. Hintergrund, glaubt Wladimir Muchin, seien vielmehr die verstärkte militärische Präsenz der NATO an der Süd- und Südwestflanke und der Druck prowestlicher Ex-Sowjetrepubliken auf das westliche Militärbündnis. Gemeint waren Pläne für eine NATO-Flottille im Schwarzen Meer, die in diesem Jahr einsatzbereit sein soll. Der Vorschlag stammt von Rumänien. Dass die Verteidigungsminister ihn auf ihrer Tagung im Februar in Brüssel absegnen, gilt in Moskau als sicher.

Das Projekt sei technisch wie logistisch einfach zu bewerkstelligen, fürchten Kenner der Materie wie Korvettenkapitän Oleg Schwedkow. Die USA und deren westeuropäische Verbündete könnten sich aber nur nach dem Rotationsprinzip beteiligen. Kampfschiffen von Nichtanrainern gestatten die Abkommen von Montreux, die seit 1936 die Passage der Meerengen Bosporus und Dardanellen regeln, nur eine Verweildauer von maximal 21 Tagen im Schwarzen Meer. Den Kern des Verbandes würden daher die Anrainer Türkei, Rumänien und Bulgarien stellen müssen. Doch dafür kommt Verstärkung durch Kriegsschiffe der Möchtegern-Mitglieder Georgien und Ukraine. Beide sind Anrainer.

In dieser Konfiguration, fürchtet Marineexperte Schwedkow, wäre die NATO-Flottille der russischen Schwarzmeerflotte in Sachen Kampfkraft ebenbürtig, womöglich sogar überlegen. Russland könne das jedoch durch Überlegenheit in der Luft und am Boden ausgleichen.

Moskau setzt daher vor allem auf kleine wendige Schiffe, bestückt mit Flügelraketen, die eine Reichweite von 3000 Kilometer haben und ihre Effizienz bereits in Syrien bewiesen. Die Stationierung von Mittelstreckenraketen auf »kleinen Plattformen« bereite der NATO generell Kopfzerbrechen, glaubt Schwedkow.

Auch werden die in Südrussland stationierten Marineflieger gerade mit neuen Typen wie dem Abfangjäger Mig-35 - im NATO-Jargon Krokodil - und Kampfhubschraubern nachgerüstet. Ihre Reichweite genügt, um den gesamten Luftraum über dem Schwarzen Meer zu kontrollieren. Die Raketenwerfer-Systeme Iskender-M erreichen zudem jeden Stützpunkt eines potenziellen Gegners in der Region am Ufer. Dort, wo die Krim an die Ukraine grenzt, sollen zusätzlich Fallschirmjäger und Marine-Infanterie stationiert werden. Die ersten 1000 sind schon da.

Auch die 1976 gebaute, nach dem Zerfall der Sowjetunion von der Ukraine jedoch aufgegebene Marinebasis Donuzlaw auf der Krim soll wieder in Betrieb genommen werden. Dafür trommelt vor allem Sergei Menjailo. Einst stellvertretender Oberkommandierender der in Sewastopol auf der Krim stationierten russischen Schwarzmeerflotte, ist er heute Verwaltungschef der Region.

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