Keine Kündigung bei der Kreisreform

Landtagsfraktionen von SPD und LINKE verständigen sich bei ihren Klausurtagungen in Wittenberge und Rangsdorf

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Die brandenburgischen Koalitionspartner SPD und LINKE nennen weiter unterschiedliche Mindesteinwohnerzahlen für die neu zu schaffenden Landkreise. In anderen Fragen sind sie sich aber einig.

Wie wird die geplante Kreisgebietsreform im Land Brandenburg ausgestaltet? Die Koalitionsfraktionen SPD und LINKE haben sich am Donnerstag in getrennten Klausurtagungen mit dieser Frage beschäftigt, die SPD in Wittenberge (Prignitz), die LINKE in Rangsdorf (Teltow-Fläming). Die Linksfraktion empfiehlt, die Mindesteinwohnerzahl für die künftigen Landkreise generell auf 150 000 abzusenken, damit es nicht zu unüberschaubar großen Landkreisen kommt. Die SPD-Fraktion dagegen möchte die 150 000 nur als Ausnahme für jene Landkreise, die sonst eine flächenmäßige Ausdehnung von 5000 Quadratkilometern überschreiten würden. Ansonsten soll es nach dem Willen der SPD bei 175 000 Einwohnern als Untergrenze bleiben.

Dass die LINKE sich auf eine niedrigere Zahl festgelegt habe, sei ihr gutes Recht, räumte SPD-Fraktionschef Mike Bischof am Donnerstag ein. Ohne die SPD werde der Koalitionspartner dies aber nicht machen können, bemerkte er fein lächelnd.

In anderen Fragen sind sich SPD und LINKE aber einig. Zum Beispiel schließen beide Parteien betriebsbedingte Kündigungen aus, und sie lehnen die Zerschneidung bestehender Landkreise aus. Einvernehmen gibt es beispielsweise über den Umgang mit dem Landesamt für Soziales und Versorgung, das sich unter anderem mit der Anerkennung von Schwerbehinderungen befasst. Die beabsichtigte Auflösung des Landesamtes und insbesondere die Verteilung der Mitarbeiter auf die Landkreise hatten in der kreisfreien Stadt Cottbus und bei den Beschäftigten für Unmut gesorgt. Nun soll das Landesamt zwar immer noch kommunalisiert werden, aber in Form eines Kommunalverbandes am Standort Cottbus erhalten bleiben.

SPD und LINKE haben auch übereinstimmend entschieden, dass vom Land 415 Millionen Euro in die Finanzierung der Reform gesteckt werden sollen. Außerdem sollen die Waldarbeiterschule in Kunsterspring (Ostprignitz-Ruppin) und das Kompetenzzentrum Forst (Spree-Neiße) beim Land bleiben. Auch darüber sind sich die Koalitionsfraktionen einig.

Die Linksfraktion verständigte sich darüber hinaus noch darauf, dass der Landtag über die Kreisstädte entscheiden soll. Die Idee, die die Kreisstädte durch Bürgerentscheide festlegen zu lassen, stieß bei Kommunalpolitikern auf wenig Gegenliebe, weil sie vor Ort keine Streitereien zwischen Städten und Regionen haben möchten. Die LINKE fordert die Landesregierung auf, bis März 2016 einen Vorschlag zur Stärkung der bisher kreisfreien Städte als Oberzentren auf den Tisch zu legen. Er soll bei Einkreisungen die zukünftige Verteilung und Finanzierung von Aufgaben regeln. Dabei geht es etwa darum, ob ÖPNV, Denkmalpflege, Straßenverkehrsbehörde, Bauaufsicht und Abfallentsorgung in der Verantwortung der Städte bleiben können.

Die Handlungsfähigkeit der Kreisverwaltungen zum jetzigen Zeitpunkt werde nicht bestritten, aber es gehe darum, sich auf den Bevölkerungsschwund in der Zukunft einzustellen, erklärte Linksfraktionschef Ralf Christoffers, warum die Reform notwendig sei. Bischoff sagte dazu: »Wir stehen vor großen demografischen und finanzpolitischen Herausforderungen. Deshalb können wir nicht einfach abwarten und zusehen, wie sich die Regionen des Landes auseinanderentwickeln. Handeln ist jetzt notwendig, das ist vorausschauende Politik.«

Am Donnerstagmorgen ab 9 Uhr habe die Linksfraktion in Rangsdorf drei Stunden lang über die Kreisreform debattiert, sagte Christoffers bei am Nachmittag im Potsdamer Landtag. Anschließend informierte Bischoff am selben Ort über die Positionen der SPD. Beide hatten wenig bis nichts grundsätzlich Neues zu bieten. In die selbe Richtung gingen schon Parteitagsbeschlüsse und Ankündigungen des Innen- und des Finanzministers. Die gesetzlichen Regelungen zur Kreisneugliederung sollen im Laufe des Jahres 2017 vom Landtag beschlossen werden.

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