Buhrufe aus dem Schützengraben
Roland Etzel zur Russland-Reise des bayerischen Ministerpräsidenten
Horst Seehofer, Landesfürst und Mitglied einer auch im Bund regierenden Partei, fährt nach Russland, und die deutsche Politszene ist in satanischer Aufregung, noch ehe er in Moskau angekommen ist; dort, wo - man fühlt sich tief ins vorige Jahrhundert versetzt - der westlich sozialisierte Bürger den Hort des Bösen ansiedelt und dafür ungeteilte Zustimmung erwartet.
Von da ist es ein kurzer Weg zu abstrusen, letztlich selbstdisqualifizierenden Äußerungen, zu denen sich deutsche Politiker im antirussischen Überbietungswettbewerb aber gern hinreißen lassen; wie Grünen-Bundestagsfraktionschef Hofreiter. Er geißelt Seehofer, weil dieser »die Nähe zu denen sucht, die Europa schaden und spalten wollen«. Geht es noch peinlicher? Ja, es geht, denn da ist ja noch die SPD.
Der SPD-Außenminister wird nicht müde zu fordern, Gesprächsfäden zu Russland nicht abreißen zu lassen. Wie wenig sein Wort selbst in der eigenen Partei gilt, zeigt deren Konzert schriller Kakophonie zur Seehofer-Visite. Als weißer Rabe im tiefschwarzen SPD-Geschwader begrüßt einzig der Brandenburger Platzeck Seehofers Kontaktpflege, denn »ohne oder gar gegen Russland ist keines der globalen Probleme zu lösen«. Hat er damit nicht recht? Aber seine Parteifreunde haben ihn wohl gar nicht gehört, so tief wie sie wieder in den Schützengräben unseliger Vergangenheit verschwunden sind.
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