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Assange fordert seinen Pass zurück

Trotz »illegaler Inhaftierung« in der Botschaft Ecuadors will London hart bleiben

  • Peter Stäuber, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Die UNO wird laut BBC-Berichten feststellen, dass Assanges Aufenthalt in der Botschaft eine illegale Inhaftierung darstellt. Doch wenn Assange die Botschaft verlässt, will die britische Regierung ihn festnehmen lassen.

Die Polizei ist in Stellung. Julian Assange, der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, werde verhaftet, sobald er seinen Fuß vor die ecuadorianische Botschaft in London setzt, bekräftigte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Assange hatte angekündigt, dass er sich freiwillig stellen werde, sollte der UNO-Ausschuss, die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierung, nicht zu seinen Gunsten entscheiden. Doch für den angekündigten Fall, dass der Ausschuss sich für ihn entscheidet, erwartete er, dass er seinen Pass wieder zurückerhalte und die britische Regierung die Versuche einstelle, ihn zu verhaften, so Assange.

Assange hatte sich 2014 bei dem Ausschuss beschwert, dass sein Aufenthalt in der Botschaft eine illegale Inhaftierung darstelle. Nach Berichten der BBC wird der Ausschuss diesen Vorwurf bestätigen. Doch die Meinung der UNO-Experten hat keine rechtlichen Folgen, und dass die britischen Behörden von einer Verhaftung absehen, wie es Assange im Fall eines positiven Bescheids der UNO fordert, ist nicht realistisch. Die Regierung ließ verlauten, dass Assange nicht festgehalten werde, sondern sich seiner rechtmäßigen Verhaftung entziehe.

Der Wikileaks-Gründer floh im Juni 2012 in die Botschaft Ecuadors in London-Knightsbridge, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen. Die schwedische Staatsanwaltschaft hatte einen europäischen Haftbefehl erlassen, weil sie Assange zu Vorwürfen der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung befragen wollte. Assange hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen und der schwedischen Justiz seine Kooperation zugesichert.

Doch Assange befürchtet, dass ihn Schweden an die USA ausliefern würde, wo ihm möglicherweise eine Anklage droht. Wie forsch die US-Justiz gegen Whistleblower und die Veröffentlichung geheimer Dokumente vorgeht, zeigte die Verurteilung von Chelsea Manning: Die Soldatin, die der Enthüllungsplattform die Irak War Logs, die US-Depeschen und andere Unterlagen zuspielte, wurde 2013 unter dem Spionagegesetz aus dem Ersten Weltkrieg zu 35 Jahren Haft verurteilt.

Anders als Manning hat Wikileaks jedoch durch die Veröffentlichung der Dokumente keine US-amerikanischen Gesetze gebrochen - die Pressefreiheit wird in den USA stark geschützt. Aber angeblich prüft eine geheime Grand Jury in Virginia, unter welchen Gesetzen Assange doch noch belangt werden kann.

Dass Schweden den Wikileaks-Gründer wegen einer Anklage unter dem Spionagegesetz ausliefern würde, ist allerdings nicht zu erwarten, denn nach dem Abkommen zwischen Schweden und den USA ist eine Auslieferung aus politischen Gründen verboten.

Seit dreieinhalb Jahren sitzt Assange in der Botschaft fest - selbst für einen Arztbesuch konnte er sie nicht verlassen. Die Beschwerde bei der UNO war sein letzter Versuch, sich auf rechtlichem Weg einer Verhaftung zu entziehen. Nach langen Streitigkeiten einigten sich Ecuador und Schweden Ende letzten Jahres darauf, dass die schwedischen Strafverfolgungsbehörden Assange in London befragen können. Noch ist die Staatsanwältin nicht in der britischen Hauptstadt aufgetaucht.

Sollte der UNO-Ausschuss entscheiden, dass Großbritannien und Schweden Assange unrechtmäßig festhalten, gäbe es zwar keine direkten rechtlichen Folgen, aber die Signalwirkung wäre stark: In der Vergangenheit kritisierte das Gremium vor allem Länder, die regelmäßig durch Menschenrechtsverletzungen auffallen, darunter Iran und Ägypten.

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