Bürgerservice ist möglich

MEINE SICHT

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Ich brauche einen Reisepass. Ich benötige einen Termin beim Bürgeramt. Der ist äußerst schwer zu bekommen. Aber ich bin glücklich. Denn ich habe einen Termin: Ende März in Reinickendorf. Na gut, das ist noch sehr lange hin, und dort wohne ich gar nicht. Aber als Berliner ist man froh, überhaupt irgendwo und irgendwann einen Termin zu ergattern.

Ein Problem gibt es aber noch: Ich finde meine Geburtsurkunde nicht mehr, muss mir in meinem Geburtsort Schönebeck/Elbe eine neue ausstellen lassen. Unterwegs zum Winterurlaub im Harz fahre ich dort sowieso vorbei. Doch die Vorstellung, unangemeldet in einem Amt aufzukreuzen, ist mir inzwischen fremd geworden. Geht das überhaupt?

Ich probiere es aus. Am Montag, 10 Uhr, betrete ich das Bürgerservicebüro der Stadt Schönebeck. Es wartet niemand, ich komme sofort dran. Eine freundliche Mitarbeiterin erklärt mir, dass ich mit meinem Anliegen zum Standesamt muss. Sie schreibt mir Adresse, Telefonnummer und Öffnungszeiten heraus. Ich laufe sofort hin. Aber montags ist erst ab 13 Uhr Sprechzeit. Ich rufe mal mit dem Handy durch, ob ich nachher einfach so vorbeischauen darf. »Sie stehen schon vor der Tür? Dann kommen Sie doch gleich hoch«, bedeutet mir die wiederum freundliche Frau am Telefon. Nach ein paar Minuten halte ich meine neu ausgefertigte Geburtsurkunde in den Händen. So fühlt sich das also an, wenn Ämter einwandfrei arbeiten.

Vielleicht sollte ich für Behördengänge wieder nach Schönebeck ziehen. Aber dann darf ich vielleicht nie zurück nach Berlin. Denn um mich hier anzumelden, bekomme ich keinen Termin.

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