Von wegen »Scheiß-Liga«

Die zweite Liga besteht nicht nur aus Sumpfblüten wie Sandhausen, sie hat auch etwas woran es der ersten mangelt: Spannung

Die Zweite Liga ist nicht nur spannender als die erste, in Sachen Fankultur muss sie sich nicht verstecken. Und wo sie das doch muss, ist Fußball noch so gemütlich wie in den Erzählungen der Altvorderen. Die Zweite Liga ist also ganz prima – mit einer klitzekleinen Einschränkung.

Ihnen ist die erste Liga zu langweilig? Sie ahnen seit dem ersten Spieltag, wer Meister, seit dem vierten wer Zweiter wird – und seit November meinen Sie auch, die beiden Absteiger zu kennen? Tja, dann schalten Sie doch die Sportschau einfach mal ein bisschen früher ein, oder noch besser: Gehen Sie mal nach Bielefeld, Duisburg, Frankfurt-Bornheim und überzeugen Sie sich selbst: Die Zweite Liga ist keine Erfindung obskurer Gestalten, es gibt sie wirklich.

Und ob Sie`s glauben, oder nicht, es geht dort sehr spannend zu. Am vergangenen Wochenende haben beispielsweise der Tabellen-Erste (auf St. Pauli) und der Zweite (zu Hause gegen Düsseldorf) verloren, das ist, als würden die Bayern auf Schalke verlieren und gleichzeitig vergeigt Dortmund zu Hause gegen Darmstadt. Auch in Sachen Fankultur gibt es keinen Grund zur Klage. Über das Millerntor oder die Alte Försterei ist schon viel Hymnisches verfasst worden. Und das zurecht, den Vergleich zu den jeweils größeren Hütten in ihrer Stadt müssen sie weder auf dem Kiez noch in der Hauptstadt scheuen.

Also, das nun wirklich nicht. Aber auch in Freiburg, Düsseldorf oder Nürnberg lässt sich im stimmungsvollen Rahmen Fußball schauen. Und waren Sie mal in Heidenheim? Klingt nun wirklich nach zweiter Liga, ich gebe es ja zu. Aber Stadion und Fans können was.

Okay, es gibt natürlich auch solche Sumpfblüten wie Sandhausen oder den FSV Frankfurt. Dass hier schon mal irgendeine Gästemannschaft das Gefühl hatte, ein Auswärtsspiel bestreiten zu müssen, kann ich mir nicht vorstellen. Aber mal ganz ehrlich: Es ist toll da, man bekommt noch unmittelbar vor dem Anpfiff ein Stehplatzticket und hat tatsächlich den Eindruck, der nette Kassierer freue sich aufrichtig, dass er schon wieder ein paar Euro mehr eingenommen hat. Stellt man sich dann 20 Minuten vor Anpfiff irgendwohin, wird man neugierig beäugt. Was ja normal ist, schließlich kennt man sich auf der vierten Stufe im zweiten Block von links seit Jahrzehnten. Und wie der Gerd, der da sonst immer steht, sieht der Neue nun wirklich nicht aus.

Okay, liebe Leserinnen und Leser, ich merke, ich lasse mich ein wenig forttragen, und das haben Sie nun wirklich nicht verdient. Sie erwarten seriöse Informationen und keinen fußballromantischen Nostalgie-Quark. Ich will Ihnen den einzigen negativen Randaspekt des Geweses in der Zweiten Liga deshalb auch ganz am Ende dieser Eloge noch präsentieren: Der Fußball, der ist wirklich nicht ganz so doll wie in der ersten. Es geht da unten in Liga zwei bei vielen Mannschaften doch stark um die Zweikämpfe und weniger stark um die Spielidee oder gar geglückte Kombinationen. Trainer Stefan Ruthenbeck, dessen Fürther einen eher gepflegten Ball spielen, hat die Zweite Liga deshalb auch mal eine »Scheiß-Liga« genannt.

Seinen Frust als Trainer kann ich sehr gut verstehen, als Stadiongänger habe ich da naturgemäß eine andere Perspektive. Wer zum Fußball geht, weil er schönen Fußball sehen will, kann ja gleich Barça-Fan werden. Und das wäre ja nun wirklich absurd.

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