Fußnoten ohne Seitenzahlen

Velten Schäfer über zwei schwebende Politiker-Plagiatsaffären

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 1 Min.

Wer erinnert sich noch an die Zeit, als man kaum gravierendere Probleme zu kennen schien als womöglich hingeschummelte Doktorarbeiten von Politikern? Lang ist es her. Und darf doch nicht vergessen werden.

Ein - wieder - aktueller Fall betrifft den Schweriner Agrarminister Dr. Till Backhaus (SPD). Der legte 2001 ganze 66 Seiten vor, passabel benotet, obwohl er etwa in Fußnoten auf Seitenzahlen verzichtet. Jetzt haben Plagiatsjäger zahlreiche neue Fragwürdigkeiten entdeckt. Dass der Doktorvater zeitnah Beraterjobs innehatte, wird gar nicht bestritten. Backhaus weist dennoch alle Vorwürfe zurück. Und die SPD fantasiert sogar von einer Kampagne gegen seine »wissenschaftliche Integrität«.

Das ist ein verheerendes Signal, selbst wenn diese Kladde irgendwie durchgehen kann. Es geht hier nicht um seine Integrität, sondern um die der Wissenschaft. Backhaus war schon Minister, als er promovierte. Er brauchte keinen Titel, er nahm ihn mit. Auch von der zweifelhaften Dissertation der Verteidigungsministerin hat man lange nichts mehr gehört. Dabei sollte die Überprüfung in Hannover längst abgeschlossen sein.

Was jetzt auf keinen Fall einreißen darf, ist eine Haltung des »es gibt doch Wichtigeres«. Fortgesetzt beschädigt dieses Land eine seiner stärksten Marken: den deutschen Doktor. Das muss endlich aufhören.

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