Beauftragte antimuslimischer Rassismus: Vertane Chance mit Ansage

Der Senat scheitert im Kampf gegen antimuslimischen Rassismus

  • Rameza Monir
  • Lesedauer: 2 Min.
Vorerst wird Yücel Meheroğlu als Ansprechperson nur für die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales tätig sein und nicht für den ganzen Senat.
Vorerst wird Yücel Meheroğlu als Ansprechperson nur für die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales tätig sein und nicht für den ganzen Senat.

Am 1. Juli, dem Tag gegen antimuslimischen Rassismus, wollte Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) ein Zeichen setzen: In einer Pressemitteilung kündigte sie an, eine Ansprechperson zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus einzusetzen. Die Wissenschaftlerin und Muslim-Aktivistin Yücel Meheroğlu sollte den Posten übernehmen – ein längst überfälliger Schritt angesichts tagtäglicher Anfeindungen und struktureller Diskriminierung.

Doch nur Stunden später kam der Rückzieher. Die Begründung: Im Senat gebe es noch »Abstimmungsbedarf über die Aufgaben und Funktionen« der Beauftragten. Das vermeintliche Abstimmungsproblem zeigt auf schmerzhafte Weise, was viele von uns spüren: Es gibt zivilgesellschaftliche Kräfte, Expert*innen, die etwas bewegen wollen. Doch sie stoßen auf eine Mauer aus politischem Kalkül, mangelndem Mut und strukturellem Desinteresse.

Das Problem wird relativiert, entpolitisiert oder zur parteipolitischen Verhandlungsmasse degradiert. Dabei geht es nicht um Symbolpolitik, sondern um messbare Lebensrealitäten – auf der Straße, in der Schule, bei der Wohnungssuche, im Jobcenter.

Der Kampf gegen antimuslimischen Rassismus ist offensichtlich kein Konsensthema. Die Grünen-Abgeordnete Tuba Bozkurt bringt es auf den Punkt: Die Berufung einer unabhängigen Beauftragten mit echten Kompetenzen verkommt im Koalitionschaos, das Betroffenen nur noch mehr Misstrauen abverlangt. Wenn Berlin es ernst meint mit Antidiskriminierung, dann muss es mehr liefern als Absichtserklärungen und folgenlose Pressemitteilungen. Wer Strukturen verändern will, muss Verantwortung übernehmen und Rückgrat zeigen.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -