Kein Hartz IV für Ausländer aus EU-Staaten

EuGH-Urteil: Deutschland muss nicht einzeln prüfen

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Luxemburg. Deutschland muss arbeitslosen EU-Ausländern während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts keine Sozialleistungen nach Hartz IV zahlen. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), das am Donnerstag verkündet wurde, setzt dieser Ausschluss auch keine individuelle Prüfung im Einzelfall voraus. Die deutsche Regelung soll Sozialtourismus und Armutszuwanderung vermeiden.

Im aktuellen Fall war eine spanische Familie zeitversetzt nach Deutschland gezogen: Der Vater zog mit dem minderjährigen Sohn im Juni 2012 seiner Frau und Tochter nach, die bereits in Deutschland lebten. Die Frau war sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Vater und Sohn wurden Hartz-IV-Leistungen verwehrt, weil sie noch keine drei Monate in Deutschland gelebt hatten.

Dem EuGH zufolge haben EU-Bürger zwar das Recht, sich in einem anderen Mitgliedstaat für bis zu drei Monate aufzuhalten. Die EU-Richtlinie erlaube den Mitgliedstaaten aber, »zur Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts« ihrer Sozialsysteme den Betroffenen in diesem Zeitraum »jegliche Sozialhilfeleistungen zu verweigern«.

Der Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Werner Hesse, forderte dagegen Sozialleistungen für zugezogene EU-Bürger »vom ersten Tag an«. Die Verweigerung von Hartz IV bringe für die Betroffenen »häufig auch Probleme bei Krankenversicherungsschutz, Bildung oder auch der Wohnungssuche«, sagte Hesse der »Neuen Osnabrücker Zeitung« vom Donnerstag.

Der Luxemburger Gerichtshof hatte im vergangenen Jahr bereits entschieden, dass Unionsbürger Hartz-IV-Leistungen zunächst nicht beanspruchen können, wenn sie in Deutschland noch nicht gearbeitet haben. Waren sie weniger als ein Jahr beschäftigt und wurden dann arbeitslos, haben sie nur für sechs Monate Anspruch auf Hartz IV.

Laut zwei Urteilen des Bundessozialgerichts haben EU-Ausländer allerdings spätestens nach sechs Monaten Aufenthalt in Deutschland Anspruch auf Sozialhilfe. Zur Begründung verwiesen die Kasseler Richter auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums. Bei von Hartz IV ausgeschlossenen EU-Bürgern müssten daher die Sozialämter im Einzelfall prüfen, ob Sozialhilfe als Ermessensleistung zu gewähren ist. AFP/nd

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