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Merkel bleibt dabei: Wir schaffen das immer noch

Kanzlerin verteidigt ihren Kurs in der Asylpolitik / CDU-Chefin dankt in der ARD den Flüchtlingshelfern und zeigt Abscheu vor ausländerfeindlichem Mob

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Die Kanzlerin hält an ihrem Kurs in der Asylpolitik fest: »Wann steuern Sie um, Frau Merkel?«, hieß die Frage in einer Talksendung der ARD. Die Antwort war bereits nach wenigen Minuten gegeben. »Ich bin zutiefst überzeugt, dass der Weg, den ich eingeschlagen habe, richtig ist«, sagte die CDU-Vorsitzende. Sie plädiert weiter für eine europäische Lösung, bei der es vor allem um die Abwehr von Asylbewerbern an den EU-Außengrenzen und eine Verteilung von Flüchtlingen in Europa geht. Sie wolle Europa zusammenhalten, sagte Merkel, gleichzeitig aber auch Humanität zeigen. Nationale Lösungen wie einseitige Grenzschließungen lösten das Problem nicht. Auch an ihrem »Wir schaffen das« hielt Merkel fest. Der Satz - erstmals gefallen im Sommer vergangenen Jahres - sei heute umso richtiger, »weil er eine Richtung vorgibt«, sagte sie. Merkel dankte allen Haupt- und Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe, räumte zugleich aber ein, sie sehe eine Polarisierung der Gesellschaft. Auch in Familien werde derzeit kontrovers über die Flüchtlingssituation gesprochen. Was Merkel »abstoßend« und »schrecklich« findet: Bilder wie kürzlich in Clausnitz, wo ein Mob von etwa 100 Personen gegen Flüchtlinge hetzten, die in eine neue Unterkunft einziehen sollten.

Zugleich betonte Merkel, dass die als »Flüchtlingskrise« bezeichnete Krise des politischen Umgangs mit Menschen in Not länger andauern könne. Sie lehnte erneut Obergrenzen ab, die in ihrer eigenen Fraktion gefordert werden. »Ich glaube, wir sind besser dabei, als manch einer denkt, aber dass noch eine Wegstrecke vor uns liegt«, sagte die Kanzlerin. »Ich kämpfe für diesen Weg«, betonte die Regierungschefin, und betonte zugleich, dass sie keinen »Plan B« im Hinterkopf habe. Politiker, die vor allem über das Scheitern sprechen, haben ihrer Ansicht nach den Beruf verfehlt. So ballt sie die Hand zur Faust und spricht etwas lauter: »Man ist nicht Politiker, dass man die Welt beschreibt und sie katastrophal findet.« Manchmal sei sie auch verzweifelt, räumt sie ein. Aber dann versuche sie, etwas Vernünftiges daraus zu machen.

Wenn es bei dem EU-Gipfel am 7. März noch keine endgültige Lösung gebe, werde auf dem darauffolgenden am 18. März weiter beraten. »Meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit besteht darin, dafür zu sorgen, dass Europa einen gemeinsamen Weg findet.« Sie glaube, dass viele Menschen, ihr Bemühen um eine europäische Lösung für vernünftig hielten - »aber viele noch nicht daran glauben«. Und dann pocht sie wieder auf ihren Weg: »Meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit besteht darin, dass dieses Europa einen gemeinsamen Weg findet.«

Merkel lehnte es erneut ab, eine Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland zu nennen. Sie wolle nicht »jemandem ein X für ein U vormachen und sich anschließend revidieren müssen«, sagte die Bundeskanzlerin. Sie äußerte zugleich Verständnis dafür, wenn Menschen Sorgen hätten - etwa dass angesichts der Flüchtlingskrise nicht genug über ihre eigenen Nöte gesprochen werde.

Scharf verurteilte Merkel Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte: Die Urheber seien Bürger, »die etwas tun, was ich zutiefst ablehne«. Die Menschenwürde gelte für alle, die sich in Deutschland aufhielten. Mit Blick auf die rechtspopulistische AfD sagte sie, es müsse ein »ganz klarer Strich« gezogen werden zwischen vertretbaren Forderungen und Rufen wie dem nach einem Schusswaffeneinsatz an der Grenze.

Es war bereits das zweite Mal binnen vier Monaten, dass die Kanzlerin der Journalistin Anne Will Antworten auf Fragen zu ihrer Flüchtlingspolitik gab. In der Zwischenzeit ging sie einmal zum ZDF, Mitte November, in die Sendung »Was nun, Frau Merkel«. Drei solch große TV-Auftritte in nicht einmal einem halben Jahr sind viel für die Kanzlerin. »Sie nutzt das Medium Fernsehen, um so vielen Menschen wie möglich ihre Politik zu erklären«, hieß es bei der Deutschen-Presse-Agentur. Mit keinem anderen Format erreicht sie direkt ein so großes Publikum. In zwei Wochen sind Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Die Umfrage- Ergebnisse für Merkels CDU sinken. Der Wahltag gilt als Gradmesser für die Stimmung im ganzen Land. Agenturen/nd

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