Tusk und Tsipras reden Tacheles

Schengen-Regeln sollen wieder in Kraft treten

  • Lesedauer: 2 Min.

Athen. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge vor der Einreise in die EU gewarnt: »Wo auch immer Sie herkommen: Kommen Sie nicht nach Europa«, sagte Tusk am Donnerstag bei einem Besuch in Athen. »Glauben Sie nicht den Schmugglern. Riskieren Sie nicht Ihr Leben und Ihr Geld.«

Tusk äußerte sich nach einem Gespräch mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras. Griechenland werde ebenso wie jedes andere EU-Mitgliedsland »nicht länger Transitland« sein, sagte Tusk weiter. Die Schengen-Regeln würden »wieder in Kraft treten« - und Wirtschaftsflüchtlinge damit an den Außengrenzen gestoppt. Tusk nutzte seinen Besuch auch für Kritik an Österreich und den Ländern der Balkanroute, die ihre Grenzen weitgehend dicht gemacht haben, sodass Zehntausende in Griechenland gestrandet sind: »Unilaterale Entscheidungen ohne vorherige Abstimmung - wie verständlich auch immer sie im nationalen Kontext sein mögen - stehen im Widerspruch zum europäischen Geist der Solidarität.« Zuvor hatte er bei einem Besuch in Slowenien mit Blick auf die nationalen Grenzsicherungen noch gesagt, manchmal seien »leider härtere Maßnahmen erforderlich«.

Tsipras forderte nach seinem Gespräch mit Tusk eine Bestrafung von EU-Mitgliedern, die ihre Grenzen im Alleingang schließen. »Es muss Sanktionen für diejenigen geben, die die gemeinsamen Entscheidungen der EU nicht respektieren.« Der EU-Gipfel hatte sich ausdrücklich zu einem europäischen Ansatz bekannt. »Was vereinbart wurde, muss respektiert werden«, sagte Tsipras.

Tusks Besuch in Athen war nach Österreich und mehreren Balkanländern die nächste Station einer ausgedehnten Vermittlungsmission, die der Pole auf der Suche nach einer Kompromisslinie in der EU-Flüchtlingspolitik unternimmt. Damit will er verhindern, dass der EU-Sondergipfel mit der Türkei am Montag zum Fiasko wird. Von Athen aus reist Tusk nach Ankara weiter, wo er Regierungschef Ahmet Davutoglu treffen wird. An diesem Freitag will Tusk mit Präsident Recep Tayyip Erdogan in Istanbul beraten.

Der ehemalige polnische Regierungschef wirbt für die vom EU-Gipfel im Februar verlangte Rückkehr zum Schengen-System mit einem wirksamen Schutz der Außengrenzen - was aber in Griechenland seit Monaten nicht funktioniert. Zudem tut der »Schlüsselpartner« Türkei aus Sicht der Europäer nicht genug, um die ungeregelte Flüchtlingsbewegung zu stoppen. AFP/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal