Nun schon fast eine Million Leiharbeiter

Zahl der Ausleih-Betriebe steigt über 50.000 / König: Ausweitung betrieblicher Zwei-Klassen-Systeme endlich stoppen / VW entlässt Leiharbeiter im Werk Emden

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Zahl der Leiharbeitsfirmen in Deutschland ist einem Medienbericht zufolge auf mehr als 50.000 gestiegen. Die Bundesagentur für Arbeit zählte vergangenes Jahr 50.293 Betriebe, die Beschäftigte anderen Unternehmen überlassen. Dies berichtete die »Rheinische Post« unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion. Im Jahr 2013 waren es demnach 46.755 Firmen. Auch die Zahl der Leiharbeiter habe sich erhöht, von 867.535 im Jahr 2013 auf 961.162 in 2015.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte zuletzt einen Reformvorschlag präsentiert, damit Firmen Leiharbeit und Werkverträge nicht missbrauchen. Die Koalition war sich einig darüber, bis die CSU Nahles ein Stoppschild zeigte. Die CSU kritisiert, Nahles schieße über das vereinbarte Ziel hinaus - zu Lasten der Wirtschaft. Die SPD fordert nun ein Machtwort der Kanzlerin.

Gewerkschaften und die Opposition halten die Pläne von Nahles indes für zu lasch. Das ehemalige Vorstandsmitglied der IG Metall, Otto König, warnt vor dem Hintergrund des blockierten Gesetzes zu einer raschen Einigung im Sinne der Beschäftigten. »Gesetzliche Eingriffe gegen die Ausweitung betrieblicher Zwei-Klassen-Systeme sind überfällig«, schreibt König im »nd«.

Besonderes Augenmerk legt der Publizist auf die Eindämmung von Werkverträgen, die in Schlüsselbranchen wie der Automobilindustrie bis auf ein Drittel der Größe der Stammbelegschaft angewachsen sind. Eine Umfrage der IG Metall habe ergeben, dass in mehr als zwei Dritteln der Betriebe eine Fremdvergabe über Werkverträge erfolge. »Dabei werden Tarifverträge ebenso wie arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen unterlaufen - und Lohndumping betrieben«, kritisiert König.

Derweil will Volkswagen die Verträge von 250 Leiharbeitern im VW-Werk Emden nicht verlängern. Das hat Werksleiter Frank Fischer am Mittwoch bei einer Betriebsversammlung vor 4.000 Beschäftigten in Emden mitgeteilt. Einen direkten Zusammenhang zum Abgas-Skandal nannte Fischer dabei nicht. Das Werk solle täglich 1250 Fahrzeuge fertigen und damit auf unverändert hohem Niveau produzieren. »Dazu gehört auch, dass das Werk im laufenden Jahr über vereinbarte Schließtage wirtschaftlich atmet«, sagte Fischer. Agenturen/nd

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