Schwieriger Neustart

Die Energieriesen RWE und E.on machen vor ihrem geplanten Umbau reichlich Miese

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
RWE und E.on setzten viel zu lange auf Atom und Kohle. Dies rächt sich nun: Wegen der Energiewende rechnen sich ihre konventionellen Kraftwerke nicht mehr.

RWE und E.on wird nachgesagt, sie hätten die Energiewende lange Zeit nicht ernst genommen und zu dauerhaft auf ihre alten Geschäftsmodelle gesetzt. Beide Konzerne versuchen nun, sich mit einer Aufspaltung in jeweils zwei Unternehmen zu retten. Beide wollen noch in diesem Jahr faktisch ihre »Altlasten« namens Kohle und Atom ausgliedern und Geld verdienen mit Ökoenergie und digitaler Hightech.

Doch sowohl E.on als auch RWE stehen bei ihrem radikalen Umbau vor massiven Problemen. Das verdeutlichen die Geschäftszahlen, die die Vorstände der beiden Energieriesen in diesen Tagen vorgelegt haben. E.on, so wurde am Mittwoch bekannt, hat im letzten Geschäftsjahr einen Rekordverlust von sieben Milliarden Euro eingefahren, nachdem es im Vorjahr bereits 3,2 Milliarden Euro waren. Experten hatten mit knapp viereinhalb Milliarden Euro gerechnet.

Formaler Hauptgrund sind Wertberichtigungen auf die konventionellen Kraftwerke, die die Bilanz mit 8,8 Milliarden Euro belasten. Das betrifft auch Gas- und Ölanlagen. Denn auf Grund der durch die Energiewende gefallen Strompreise rechnen sich teure konventionelle Kraftwerke nicht mehr. Zu schaffen macht E.on hier insbesondere der schwache Rubelkurs, der das Geschäft im russischen Raum belastet. »Wir haben in einem sehr schwierigen Marktumfeld ein ordentliches operatives Ergebnis abgeliefert. Unsere Kennzahlen spiegeln wider, dass sich die Branche in einem grundlegenden strukturellen Umbruch befindet, der sich in diesem Jahr ungebremst fortsetzt«, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns.

Derweil wurden am Mittwoch die Ergebnisse einer Studie der Universität Erlangen-Nürnberg bekannt: Ohne Energiewende wären demnach die Stromkosten für private Haushalte genau so teuer wie heute, für Unternehmen sogar erheblich teurer. Allein 2013 hätte die deutsche Industrie über 30 Milliarden Euro gespart, erklärte der Energieverfahrenstechniker Professor Jürgen Karl. So lag der Börsenpreis für Strom 2013 deutlich niedriger als zwei Jahre zuvor. Er betrug 3,78 Cent pro Kilowattstunde. Karl führte den Preisrückgang auf den Ausbau der Erneuerbaren zurück, ohne den der Preis heute bei 9,07 Cent liegen würde. Die Studie wurde von Siemens finanziert, einem Mischkonzern, der am Bau von Kohlekraftwerken verdient und sämtliche deutschen Atomkraftwerke baute.

RWE hatte seine Geschäftszahlen bereits am Dienstag vorgestellt. Bei den Essenern betrug der Verlust im abgelaufenen Geschäftsjahr vergleichsweise geringe 170 Millionen Euro. Dabei hat der Konzern jedoch einen Sondergewinn durch den Verkauf der Ölförder-Tochter DEA eingefahren. So machen auch RWE Wertberichtigungen und sinkende Stromhandelspreise zu schaffen. 2014 hatte der Konzern noch einen Gewinn von 1,7 Milliarden Euro verzeichnet. RWE-Chef Peter Terium, der künftig die Öko-Tochter leiten wird, kündete eine Verschärfung des Sparkurses an.

Während E.on seinen Aktionären eine Dividende von 50 Cent pro Aktie auszahlen will, wird das Gros der RWE-Anteilseigner leer ausgehen. Betroffen ist auch jenes halbe Dutzend Ruhrgebiets-Kommunen, die noch Aktien des Unternehmens halten. Dennoch hatten auch die vier Vertreter der kommunalen Anteilseigner im RWE-Aufsichtsrat der Dividendenkürzung zugestimmt. RWE spart so 600 Millionen Euro.

»Betriebswirtschaftlich ist das wohl der einzige Weg, der dem Unternehmen kurzfristig bleibt. Perspektivisch erwarten wir als Aktionäre endlich eine neue überzeugende Geschäftsstrategie«, betonte Ernst Gerlach, Geschäftsführer des Verbandes der kommunalen RWE-Aktionäre, gegenüber »nd«. In der Zwischenzeit müssten die betroffenen Kommunen einen Einnahmeausfall verkraften, der die »extrem angespannte« Haushaltslage weiter verschärfe.

Als Ursachen der RWE-Krise benennt der Ex-Manager und Ex-Staatssekretär Gerlach »Managementfehler«, konkret ein »zu spätes Umsteuern auf die alternative Energieproduktion«, aber auch einen von ihm als radikal und abrupt empfundenen Kurswechsel der deutschen Energiepolitik nach Fukushima.

In der kommenden Woche entscheidet das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang über eine Klage der Energiekonzerne. E.on rechnet sich gute Chancen aus. »Ich erwarte Gerechtigkeit«, sagte Vorstandschef Johannes Teyssen am Mittwoch in Essen.

Längst wird auch über Fonds für die Ausstiege aus Atom- und Kohlekraft debattiert. Dahinter steht die Befürchtung, die Energiekonzerne, die Jahrzehnte lang satte Gewinne einfuhren, könnten oder wollten für diese Kosten nicht aufkommen.

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