Drei Leben

Lothar Späth ist verstorben

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Sein Sturz im Jahr 1991 war spektakulär: Lothar Späth musste als Regierungschef in Stuttgart zurücktreten, als in der »Traumschiffaffäre« herauskam, dass er sich von einem Unternehmer zum Urlaub in die Ägäis hatte einladen lassen. Dieser Unternehmer hatte im selben Jahr ohne eine Ausschreibung einen lukrativen Landesauftrag erhalten. Der Prozess führte zu nichts, doch war »das Cleverle«, wie der 1937 in Sigmaringen geborene CDU-Politiker genannt wurde, politisch erledigt: Sich persönliche Vergnügungen finanzieren zu lassen, widersprach dem Ethos des pietistischen Südwestens.

Obwohl das politische Aus nach 13 Jahren als Regierungschef schwergefallen sein muss, startete er schwungvoll in ein zweites Leben. Schnell wurde Späth - der kein Abitur hatte und dessen »Studium« sich auf zwei Jahre an einer Verwaltungsschule beschränkte - Chef des Technikkonzerns Jenoptik. Entgegen manchen Skeptikern führte er dieses Spaltprodukt des VEB Carl Zeiss Jena nicht nur an die Börse, sondern auch zum Erfolg; bis 2003 saß er im Vorstand.

In den späten 1990er Jahren begann Späth dann noch eine dritte Karriere - als Fernsehmoderator im Nachrichtensender n-tv. Vielleicht war er am Ende gar nicht so unglücklich darüber, dass Edmund Stoiber (CSU), der ihn 2002 gegen Rot-Grün als Schattenwirtschaftsminister aufgeboten hatte, die Wahl dann doch nicht gewann. Späth saß daraufhin noch einige Jahre in Aufsichtsräten - etwa der Verlagsgruppe Holtzbrinck - und fungierte als lokal sehr angesehener Honorarprofessor für »Medien und Zeitdiagnostik« an der Universität Jena. Dann orientierte er sich wieder ins heimatliche Baden-Württemberg.

Zuletzt lebte Späth, der an Demenz litt, in einer Pflegeeinrichtung bei Stuttgart. Nun wurde bekannt, dass er dort im Alter von 78 Jahren verstarb. vs

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